1949-1955

Gemeinsames Leben

... mit Karl Meier

Alfred Brauchli / Fredi lebte und arbeitete nun in Liestal (BL) bis Ende Juli 1955. Im Abschlusszeugnis vermerkte der Chefarzt der Psychiatrischen Klinik Hasenbühl unter anderem:

"Überall hat er sich vorzüglich bewährt. Er verfügt über sehr gute Kenntnisse in der psychiatrischen und in der allgemeinen Krankenpflege. Vor allem haben wir an ihm die freundliche und liebevolle Art bei der Betreuung von Schwerkranken und Pflegebedürftigen geschätzt."

Inzwischen war das grosse Zimmer am Limmatquai 16 wegen eines geplanten Umbaus gekündigt worden. Gemeinsam suchten sich die Freunde eine neue Bleibe und fanden einen Wohndachstock im neuen Haus Mühlebachstrasse 125, Zürich-Seefeld. Rolf zog dort ein.

Ende 1953 wurde eine Dreizimmerwohnung im ersten Stock desselben Hauses frei. Nun zügelte Rolf nach unten und das Büro der Kreis-Redaktion kam in den Dachstock, wo es bis zur Liquidation des KREIS im Frühjahr 1968 blieb.

Derselbe Raum diente überdies als Versandstelle und Lager für die Bibliothek, er war ja gross genug. Auch die Theatergruppe nutzte das "Büro" regelmässig als Probebühne. Zudem wurde es öfter vorübergehendes Domizil von Gästen, Abonnenten oder Flüchtlingen, denn einzelne Kameraden vor allem aus der Bundesrepublik Deutschland mussten sich immer wieder für kurze oder längere Zeit in die Schweiz absetzen (in Deutschland galten noch bis 1969 die Schwulen-Paragraphen 175 und 175a).

Nach seinem Aufenthalt in Liestal kehrte Fredi Brauchli Anfang August 1955 nach Zürich zurück. Nun wohnte er dauernd mit Karl Meier / Rolf zusammen statt nur während der freien Tage. Nebst den beruflichen Arbeiten betreute Fredi auch die diversen Gäste so oft er konnte und kochte für sie.

Im selben Jahr (1955) fand sich eine neue Aufgabe im Krankenheim Käferberg (Zürich). Dort erlebte Fredi den Ausbau zum Pflegezentrum und blieb als Stationschef bis zur Pensionierung 1981.

Fredi Brauchli war immer ein furchtloser Mensch, der auch massiv dreinfahren konnte, wenn er offensichtliches Unrecht sah. So einmal im Winter 1957/58 in der einschlägigen Barfüsser-Bar, wo er mit Karl Meier / Rolf und einem anderen Freund zusammen ein Bier trank:

"Da kam so ein Weiberheld herein und begann uns laut zu beschimpfen: 'Schwule Sauhunde raus!' Jetzt packte es mich. Ich ging hin, schmierte ihm eine runter und warf ihn über den nächsten Tisch. Da wurde er ruhig und zog ab."

Oft versuchte er, Karl Meiers Betätigungen einzuschränken.

"Ich musste ihn immer bremsen und sagte, er gehe zu weit und müsse auch einmal für sich sorgen. Seine Freunde haben gesagt, gut, dass er dich hat." 1

Fredi Brauchli hat sicher viel dazu beigetragen, dass Karl Meier zumindest während der KREIS-Zeit nie zusammenbrach.

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Ernst Ostertag, Februar 2006, ergänzt: Mai 2010

Quellenverweise
1

Karl-Heinz Steinle: Der Kreis: Mitglieder, Künstler, Autoren, Katalog zur Ausstellung im Schwulen Museum Berlin, 1999, Seite 23