Entdeckung
... des Schatzes
Von Eugen Laubacher / Charles Weltis Altersfreund Giuseppe Caffagnini erhielten wir Monate nach der Abdankung vom 28. Mai 1999 einen Anruf. Einer von uns (Röbi Rapp oder Ernst Ostertag) solle doch sofort an die Vogelsangstrasse kommen. Ernst ging hin und fand im bereits teilweise geleerten Haus zwei Container vollgestopft mit Briefen, Zetteln, Dokumenten, Manuskripten, alles wirr durcheinander. Materialien aus dem Kreis, das war sofort zu erkennen. Giuseppe gehörte zu den Erben und mit den anderen Erben mussten wir in Verbindung treten. Er wollte das nicht allein tun, sondern einen alten Abonnenten bei sich haben, weil er selber die Bedeutung dieser Papiere nicht beurteilen könne.
Nach längeren Verhandlungen gelang es, Vertrauen zu schaffen und einen Vertrag abzuschliessen, der mich (Ernst Ostertag) berechtigte, nur die Zeitschrift Kreis betreffendes Material auszusortieren und zu Handen des Schweizerischen Sozialarchivs (und damit des Schwulenarchivs) aus dem Haus zu nehmen. Zuvor, so hiess es, hätte alles, was zu "diesem ominösen Charles Welti" gehörte, vernichtet werden sollen. Die anderen Erben wollten - verständlicherweise - die unbekannte Seite Eugen Laubachers für immer im Dunkel belassen und jedes Zeugnis tilgen.
Es ging aber um den KREIS und seine Zeitschrift und damit um einen wichtigen Abschnitt schweizerischer Sozial- und Schwulengeschichte, der noch wenig erforscht und viel zu spärlich dokumentiert war.
Eben war eine erste Ausstellung über den KREIS zu Ende gegangen, im Schwulen Museum Berlin, also nicht einmal in der Schweiz. Laut interner Absprache und bindender Verordnung wurde bei der Auflösung des KREIS 1967 fast alles Material im Büro, insbesondere alle Briefe, alle Manuskripte und Hinweise auf Abonnenten vernichtet. In Berlin konnte nur ausgestellt werden, was sich aus Sammlungen von noch lebenden oder Hinterlassenschaften von verstorbenen Kreis-Abonnenten auffinden und zumeist nur für die beschränkte Zeit dieser Ausstellung ausleihen liess. Und da lag jetzt ein grosser Teil des Archivs der Zeitschrift und der Organisation DER KREIS durcheinandergeworfen, aber unbeschädigt vor uns beiden, Giuseppe Caffagnini und Ernst Ostertag.
Ernst Ostertag, Januar 2005