Skandinavien / Schweiz

... und das "Antlitz der Zeit"

Nummer 9/1954 widmete sich in Wort und Bild dem europäischen Norden: "Die Homoerotik in Skandinavien". Nordische Lyrik und Abschnitte aus Prosawerken verteilten sich auch über den französischen und den englischen Teil. Die Lage der Homosexuellen und die Gesetzgebung in Skandinavien wurden von schwedischen, dänischen und norwegischen Autoren in deutscher und englischer Sprache erörtert.

Nummer 9/1955 kam als Sondernummer "Die Schweiz / La Suisse / Switzerland" heraus. Rolf gab darin eine Analyse der Lage nach Einführung des neuen StGB von 1942 mit seinen Mängeln - ungleiches Schutzalter, "Verführung", Erpressung - und schilderte das Tabu in der Öffentlichkeit und dessen Auswirkungen und Hemmnisse als Schattenseiten der Schweiz1. Er stellte diese Analyse unter ein Wort von Gottfried Keller:

"Der Mensch soll nicht tugendhaft, nur natürlich sein, so wird die Tugend von selbst kommen."

Anschliessend kamen ein 18-Jähriger und ein verheirateter Mann zu Wort. Ein Thema war auch die Affäre Johannes von Müller mit Fritz von Hartenberg, zitiert wurde aus dem Essay "Das Rätsel der Freundschaft"2 von Willy Stokar unter dem Titel "Absturz"3.

Zwei weitere Artikel galten dem StGB4: "Fussangeln im Schweizerischen Strafrecht" und "Widersprüchliche", letzterer von Dr. Erich Krafft, dem Rechtsanwalt des KREIS. Im französischen Teil5 wurden Abschnitte aus dem Werk Heinrich Hösslis veröffentlicht und der englische Teil6 brachte den Vergleich homosexuellen Lebens bei uns mit den entsprechenden Gegebenheiten in Grossbritannien: "An Englishman Visits Switzerland".

Die Juni-Ausgaben der späteren 50er und der 60er Jahre waren in unterschiedlicher Konsequenz dem "Antlitz der Zeit" gewidmet. Zum Thema äusserte sich Rolf folgendermassen7:

"Den mann-männ­li­chen Eros in un­kon­ven­tio­nel­len For­men zu zei­gen, bleibt im deut­schen Teil auch dies­mal Wille und Ver­such. [...] Die in­ne­re Zer­ris­sen­heit der Ge­gen­wart und des Men­schen­bil­des mag we­nigs­tens ein­mal im Jahr im nicht sofort Sinn­fäl­li­gen hier sei­nen Platz fin­den und im Für und Wider der Mei­nun­gen ste­hen."

In die­sem Sinne gal­ten die bei­den Hefte 5 und 6/1961 dem Thema "Der junge Mann in der mo­der­nen Kunst" als be­son­de­re Aus­ga­ben.

Ernst Ostertag, Februar 2005

Quellenverweise
1

Der Kreis, Nr. 9/1955, Seite 2

2

Willy Stokar, Das Rätsel der Freundschaft, Essay, Basel 1937

3

Der Kreis, Nr. 9/1955, Seite 8 ff

4

Der Kreis, Nr. 9/1955, Seite 16 bis 20

5

Der Kreis, Nr. 9/1955, Seite 31

6

Der Kreis, Nr. 9/1955, Seite 43

7

Der Kreis, Nr. 6/1958, Seite 1