1967

Sammlung/Bibliothek: Was geschah damit?

Ein besonderes - leider nur spärliches - Licht auf das, was mit der wertvollen Sammlung an Drucken, Büchern und Originalen geschah, gibt die Kopie eines Briefes, den Karl Meier / Rolf bereits am 31. Oktober 1967 an den Leiter des Instituts für Sexualforschung in Hamburg schrieb, Herrn Prof. Dr. Hans Giese. Die Kopie dieses Briefes im Nachlass Eugen Laubacher / Charles Welti ist in Weltis Handschrift mit CW gekennzeichnet. Er war orientiert und hatte das Schreiben gebilligt. Daraus die wichtigsten Passagen:

"Sehr geehrter, lieber Herr Professor!

[...] Ich brauche über dieses uns allen schmerzliche Ereignis gerade bei Ihnen nicht viele Worte zu verlieren, da Sie zu den Menschen gehören, denen die eigentliche Aufgabe und das wesentliche Anliegen unserer Zeitschrift ebenso wertvoll gewesen ist wie uns selber. [...]

Es ist Ihnen ja bekannt, dass der KREIS in den 35 Jahren seiner Existenz sich eine beachtliche Bibliothek des einschlägigen Schrifttums geschaffen hat. Unsere Sorge ist nun, dass wenigstens der wissenschaftliche Teil dieser Bibliothek (unter dem sich so wertvolle Dinge wie z.B. die Hirschfeld'schen Jahrbücher befinden - um nur etwas zu nennen) in berufene Hände kommen, für die dieses Material von dauerndem wissenschaftlichen Wert bleiben wird. Deshalb möchten wir Sie heute schon zeitig genug anfragen, ob Sie unter Umständen das Interesse und die Mittel hätten, diesen genannten Teil der Bibliothek für Ihr Hamburger Institut zu erwerben. Wenn wir von Ihnen zuerst einmal eine allgemeine Stellungnahme zu dieser Anfrage vor uns haben, könnten wir in einem positiven Fall dann weitere notwendige Details besprechen. Ich denke hier besonders an eine Sache:

Da es uns wohl kaum möglich sein wird, angesichts der Berge von Arbeit, die bei der Auflösung des Lesezirkels DER KREIS noch auf uns warten, eine genaue Liste des wissenschaftlichen Teils unserer Bibliothek anzulegen, wäre zu überlegen, ob Sie [...] nicht einmal im Januar nächsten Jahres mit einem Wagen nach Zürich kommen könnten, um im Falle Ihres Interesses bei dieser Gelegenheit diesen Teil der Bibliothek gleich mitzunehmen. [...]"

Leider fand sich keinerlei Fortsetzung dieser Kontaktnahme im Nachlass Laubacher, weder eine Antwort aus Hamburg noch eine Meldung zu dem, was wirklich mit all den Kostbarkeiten geschah. Offenbar gelangte nichts über die Liquidation des KREIS zu Laubacher / Charles Welti, auch keine Unterlagen dazu. Was sich an Materialien in seinem Nachlass aus der Zeit nach Ende 1967 befand, hatte mit dem KREIS und dessen Besitztum oder Archiv direkt nichts zu tun.

Eine Nachfrage bei Prof. Gunter Schmidt, Nachfolger von Hans Giese in Hamburg, wurde am 9. Februar 2006 beantwortet:

"So viel ich weiss, ist Hans Giese nicht 'mit dem Wagen nach Zürich' gefahren, um die Bücher des KREIS bei Karl Meier abzuholen. Ich habe ab 1966 etwa 25 Jahre lang die Bibliothek der Abteilung für Sexualforschung betreut und ich erinnere mich nicht an Bücher aus dem Fundus DER KREIS. [...]"

Karl Meier / Rolf und Rudolf Jung / Rudolf Burkhardt verkauften oder verschenkten die Bestände der Leihbibliothek nebst Zeichnungen und Fotografien und vernichteten die Korrespondenzen und sehr viele Manuskripte. Denn dabei ging es nach den Satzungen des KREIS um Namen von Abonnenten oder Privatpersonen, die wie die Adressenlisten zu behandeln waren.

Im Nachlass Eugen Laubacher / Charles Welti befindet sich auch ein Brief, den Karl Meier / Rolf am 20. Januar 1969 an Laubacher geschrieben hatte.1 Darin erwähnte er die Bibliothek. Er meinte vermutlich jene Bände der Leihbibliothek, die nicht verkauft werden konnten, vor allem aber die nicht zur Leihbibliothek gehörenden Bestände von zum Teil wissenschaftlichen Werken, hauptsächlich aber von bibliophilen Bänden der Belletristik unter anderem aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Karl Meier schrieb unter anderem:

"Ende des Jahres hielt ich meine Distanzierung vom CLUB 68 für endgültig abgelaufen [...]."

Er berichtete von zwei Besuchen im Conti-Club und bemerkte zum zweiten Besuch:

"meine Bedenken wegen der Bibliothek konnten mir [...] zerstreut werden von Dr. Abraham und auch von C.M. Zibung. [...] Froh bin ich, dass ich so über die Situation der Klub-Bibliothek Klarheit bekommen habe, [...] sie ist in Kisten verpackt und lagert bis zu ihrer Ordnung und Herausgabe bei Dr. Abraham, unangreifbar für jeden Verkauf, auch nicht für den Conti-Club."

Über Robert Abraham sind diese Bestände vermutlich später an die SOH gekommen oder direkt an die Schwubliothek der HAZ. Robert D. Abraham lebte von 1930-1989, die Schwubliothek wurde 1985 eröffnet und existiert noch heute.

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Ernst Ostertag, März 2006

Quellenverweise
1

Im sas unter 36.8.1, Mappe 1