Folgen

... des tragischen Todes

Das Bekanntwerden seines gewaltsamen Todes hatte zur Folge, dass Oboussiers Musik aus den meisten Konzertsälen verschwand. Sie blieb bis heute praktisch unaufgeführt und ist weitgehend vergessen. In Einstudierung begriffene Werke wurden abgesetzt, wie wir (Röbi Rapp und Ernst Ostertag) damals von Musikern im KREIS hörten. Und unsere Recherchen 2001 bei der SUISA brachten nur spärliche Informationen.

Hingegen liess der Atlantis Verlag1 ein Buch mit Kritiken erscheinen. Robert Oboussier: "Berliner Musik-Chronik 1930-1938. Ausgewählte Rezensionen und Essays". Herausgeber war Martin Hürlimann, der auch das Nachwort verfasste mit dem abschliessenden Satz:

"Am 9. Juni 1957, fünf Tage nachdem in der Zürcher Tonhalle anlässlich des Weltmusikfestes seine Komposition dreier Psalmen mit Erfolg zu Gehör gebracht worden war, fand Robert Oboussiers Leben ein gewaltsames Ende."

Diese "Drei Psalmen" für Sopran, Tenor, gemischten Chor und Orchester brachten Oboussier lang anhaltenden Applaus. Wir beide erinnern uns noch sehr gut daran, weil wir das Konzert vom 4. Juni besucht und diesen Erfolg miterlebt hatten. Das Stück eines extrem avantgardistischen Komponisten sitzt allerdings ebenso intensiv in Erinnerung, denn seine Knarr-, Girr- und anderen Geräusche erzeugten Heiterkeit vom Publikum bis ins Orchester und darin ging es fröhlich unter. Aber Oboussiers Psalmen blieben in den Ohren haften und auf dem Heimweg diskutierten wir darüber mit dem befreundeten Pianisten und Dirigenten Hans Willi Haeusslein, der mit seinem Lebenspartner in unserem Quartier wohnte.

Zur Ausstellung "unverschämt - Lesben und Schwule gestern und heute", Winter 2002/03 im Stadthaus Zürich, wollten wir Oboussier wieder in Erinnerung rufen. Dank der Mitarbeit der Zentralbibliothek konnte eine CD mit einigen der oben angegebenen Werke hergestellt werden, sodass sie über eine Hörstation erklangen und viele  Besucher beeindruckten. Leider fehlt bis heute ein Dirigent oder Chorleiter, der sich für diese Musik einsetzt und sie erneut zur Aufführung bringt.

Ernst Ostertag, September 2005

Quellenverweise
1

Martin Hürlimann: Berliner Musik-Chronik 1930-1938 - Ausgewählte Rezensionen und Essays. Atlantis Verlag Zürich und Freiburg i. Br. 1969, Seite 166.