1969
Warnender Bericht
... im club68
Zu dieser Zeit trafen wir (Mitglieder des Vereins Club 68) uns regelmässig im Conti-Club, nicht nur zu Musik und Tanz. Wir diskutierten die Tagesereignisse und schrieben auch mal Leserbriefe, gemeinsam natürlich - und gelegentlich wurden sie sogar angenommen, was früher, als Karl Meier / Rolf sie schrieb, praktisch nie der Fall war. Statt des Kreis-Heftes hatten wir nun das Nachfolge-Blatt club68. Auch dieses reagierte auf den sechsten Mord und die Berichterstattung darüber. Hugo Portmann (Leiter des Vereins und des Conti-Clubs) schrieb unter anderem:1
"Ein Mord in unseren Kreisen schlägt unsere Fortschritte im Ansehen bei der heterosexuellen Gesellschaft leider immer wieder um mehrere Stufen zurück. Nach dem jüngsten Vorfall wurden nicht nur wir angegriffen - auch der Zürcher Sittenpolizei wurden grosse Vorwürfe gemacht. Beinahe in sämtlichen Zeitungen (ausnahmsweise einmal nicht im Blick, dafür umso heftiger in der TAT und der NZZ) versuchte man die Polizei dafür verantwortlich zu machen, dass Zürich zur 'Hochburg der HS in Europa' gewachsen sei. [...]
Der Chef der Sittenpolizei, Herr Baumeler, bat mich als Leiter des Conti-Clubs und einzigen Repräsentanten des Club 68 gegenüber der Öffentlichkeit zu einer kurzen Besprechung: Die Sittenpolizei ist uns sehr wohlgesinnt. [...] Aber als böse und lästig bezeichnet er die leider viel zu vielen Park-, WC- und Strichplatzgänger. [...] Sie werden an diesen Orten die Kontrollen sehr verschärfen und beim geringsten Anlass schonungslos vorgehen. Er bat mich, alle unsere 'Gesinnungsgenossen' aufzurufen, in Zukunft unbedingt solche Treffpunkte zu meiden. Er erklärte ausdrücklich, diese verschärften Massnahmen seien keine 'Hetzjagd' gegen Homosexuelle und richteten sich nur gegen das unverantwortliche Benehmen einer Minderheit unter den 'einschlägigen' Zürchern. [...]"
Ernst Ostertag, November 2005
Quellenverweise
- 1
Hugo Portmann unter dem Pseudonym Hugo Stetter, club68, Nr. 10/1969, Seite 10