ab 1971/72

Zabriskie Release

Beratungsdienst

Diese Arbeitsgruppe, gegründet im Winter 1971/72, entwickelte sich zu einer wichtigen Institution, die sich später mit dem älteren Beratungsdienst des Club 68 und der SOH vereinte und in den 80er-Jahren im Zusammenhang mit Aids eine zentrale Funktion erhielt. Der Tages-Anzeiger brachte am 22. August 1972 den ersten Hinweis einer Zürcher Tageszeitung unter dem Titel "Beratungsstelle für Homosexuelle":

"Seit einem Jahr hilft Zabriskie Release, eine Vereinigung der homosexuellen Arbeitsgruppen in Zürich, gleichgeschlechtlich veranlagten Personen die Probleme zu lösen, die aus dem Zusammenleben mit ihren Mitmenschen entstehen. Der Gruppe gehören Mediziner, Juristen, Theologen und Pädagogen an.

Die Beratung erfolgt unentgeltlich, ebenso wie die Vermittlung von Psychiatern, Ärzten usw. Zabriskie Release strebt eine enge Zusammenarbeit mit allen interessierten Stellen an, so namentlich mit der 'Dargebotenen Hand' [eine kirchliche Hilfs- und Anlaufstelle]. Zu den wichtigsten Aufgaben dieser Beratungsstelle gehört es auch, die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit zu informieren. [...]"

Angegeben waren die Öffnungszeiten, Telefon (für Beratung) und Adresse. Für den Telefondienst galten vier Regeln. Sie lagen auf einem Blatt beim Telefon, damit jeder und jede Diensthabende sich daran halten konnte:

"Man [...] meldet sich mit Zabriskie Release [...]."

Ist keine schlüssige Auskunft möglich, "so sagt man: 'Ich möchte dieses Problem an unserer Arbeitssitzung morgen mit meinen Kollegen besprechen und dir dann Bericht geben.' "

Will er/sie keine Telefonnummer nennen, soll auf die nächste Release-Zeit hingewiesen werden.

"Befindet sich der Anrufende in einer seelischen Notlage, so mache man wenn möglich ein persönliches Gespräch ab, vielleicht noch am selben Abend. Wichtiger als praktische Ratschläge ist es dann, für den Anrufenden Zeit zu haben, da zu sein."

Über jeden Einsatz war ein Protokoll zu erstellen.

Etliche Protokolle sind noch erhalten. Hier aus jenem vom 29.8.72, eine Woche nach Erscheinen des Artikels im Tages-Anzeiger (TA). Tobias schrieb unter anderem:

"19.10 Telefon einer frei arbeitenden Journalistin, die u.a. in der AZ [Abend-Zeitung, eine der SP nahe stehende Gruppe von Zeitungen, 1963-1992] publiziert. Sie hat im TA unser Communiqué gesehen und würde gerne eine Reportage machen. [...]

19.20 Mein Telefon an Ruth Werfel vom Züri Leu [Zürcher Lokalzeitung, 1967 bis 1982]: Der Artikel wird erscheinen [...].

19.25 Eine Dame namens Götz meldet sich. Sie hat Probleme, über welche sie sprechen möchte (nicht am Telefon). Auch interessiert sie sich für Zabi. Deshalb bestelle ich sie für morgen Mittwoch ca. um 10 h. Sie wird mich im Zabi verlangen.

19.55 Ein ehemaliger TEAM [Zeitschrift des SKJV, Schweizerischer Katholischer Jugendverband] Inserent, der seinerzeit unseren Fragebogen erhalten hat, meldet sich. Er hat wegen einer Beziehung Probleme (genaueres will er nicht angeben) und möchte mit jemandem sprechen, der kompetent ist. [...]"

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Ernst Ostertag, September 2006