1967

Besuche bei Karl Meier / Rolf

Zum Abschluss der Gründungsfeier vom 10. Dezember 1967 wurden Carl Zibung und ich (Ernst Ostertag) trotz meiner Gegenwehr von der Kommissionsmehrheit dazu verpflichtet, den erkrankten Karl Meier / Rolf im Spital zu besuchen. Mit einem Rosenstrauss sollten wir von der Gründung berichten und ihm die Ehrenmitgliedschaft im Club 68 antragen. Was für ein plumper Vorschlag! Ich schämte mich und stand am Bett des geliebten Vater-Freundes, den Tränen nah. Er nahm es gelassen und wies, wie vorauszusehen war, den Antrag zurück.

Im Nachlass Eugen Laubacher / Charles Welti fand ich die Kopie eines Briefes, den Rolf noch am selben Tag an den Vorstand des Club 68 geschrieben hatte. Seinerzeit erwähnte niemand diesen Brief, jedenfalls nicht mir gegenüber. Rolf bedankte sich für "die prächtigen Rosen" und erwähnte drei "Dinge", Gründe seines Neins,

"diese Dinge habe ich [...] den beiden Kameraden Ernst und Carl Melchior [Zibung] unmissverständlich klargelegt. [...] Ich hatte von je her den Begriff 'Mitgliedschaft' strikte abgelehnt. Sie haben jedoch eine Vereinigung mit [...] Statuten geschaffen, ein vermehrter Grund, eine Ehrenpräsidentschaft unbedingt abzulehnen, weil sie sich mit meiner ganzen Einstellung zu unserer Sache nicht vereinbaren lässt. [...]

Es ist selbstverständlich, dass wir nach wie vor eine kameradschaftliche Haltung der neuen Gruppe 68 und ihren Bestrebungen gegenüber einnehmen, was wir ja schon durch die Überlassung von Bilderdienstmaterial und eines Teiles der Bibliothek glauben bewiesen zu haben. [...]"

Einen zweiten Spitalbesuch bei Karl Meier / Rolf machten Röbi Rapp und ich am 26. Dezember. Ich hatte die Aufgabe übernommen, für die erste Nummer club68 eine "Kleine Geschichte des 'KREIS' " zu schreiben und brachte ihm den Entwurf zur Korrektur. Daraus wurde ein richtiggehendes Interview und überhaupt ein unvergessliches Gespräch.

Er begrüsste die Mitarbeit als reisender und berichtender "Marco Polo" und wies darauf hin, dass etliche meiner Beiträge im Kreis erschienen seien, da sie jeden Kurzgeschichtenwettbewerb bestanden hätten, nebst den Gedichten mit dem Anagramm Stren Targetos.1 "Den Lehrblätz für 'Marco' hast du schliesslich bei uns gemacht", meinte er schmunzelnd.

Wir möchten hier noch etwas Persönliches anfügen, Röbi Rapp und Ernst Ostertag:

Am 17. November 2014 standen wir beide im ArcLight Theater, Los Angeles, vor einem Fachpublikum, das eben den Film DER KREIS gesehen hatte und nun mit einer langen Ovation Beifall klatschte. Das ArcLight liegt am Sunset Boulevard mit seinem Walk of Fame auf dem Trottoir. Wir umarmten uns mit Tränen und sagten: Jetzt ist es erreicht, lieber Rolf, du bist in Hollywood angekommen! Dieses Klatschen gehört nur dir allein.

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Ernst Ostertag, März 2009 und April 2015

Quellenverweise
1

Ernst Ostertag unter dem Pseudonym Stren Targetos, Der Kreis, Nr. 4/1966 und weitere Nummern