ab 1968

Kollektive Führung

Das Herz des Vereins wie der Zeitschrift war ein sich immer wieder neu zu einem Konsens findendes Kollektiv von mehrheitlich jungen Homophilen, die sich für eine bestimmte Zeit freiwillig und ehrenamtlich in hohem Masse einzusetzen bereit waren. Wir standen fast alle im Berufsleben an anspruchsvoller Stelle und opferten für diese Aufgabe praktisch die gesamte Freizeit. Oft arbeiteten wir nachts.

Carl Zibung formulierte es am Anfang so:1

"Lohnt sich der Einsatz für unsere Minderheit? Wer in den letzten Jahren und Monaten [...] die Schwierigkeiten des KREIS [...] und die grosse Enttäuschung Rolfs [Karl Meier] miterlebt hat, muss sich diese Frage stellen. Auch wir haben sie uns gestellt. [...] Ist eine Wahrnehmung und Vertretung unserer Interessen überhaupt notwendig? [...] Wir sind von der Notwendigkeit [...] überzeugt. Fast täglich müssen wir in den Zeitungen irrige Behauptungen lesen, die eine ganze Menschheitsschicht diskriminieren. Und immer wieder werden Homophile in ihrer beruflichen Karriere behindert, verlieren grundlos ihre Stellung. In verschiedenen Zweigen der Wissenschaft wird das Thema Homophilie weiterhin totgeschwiegen. [...]

Weshalb ein Kollektiv? [...] Es gibt keine Persönlichkeit vom Format und von den Fähigkeiten Rolfs, die die vielfältigen Aufgaben lösen will und lösen kann. Wir können nicht alle Aufgaben sofort lösen. Die erste unserer nach aussen sichtbaren Arbeit liegt hier vor Ihnen: Unsere neue Zeitschrift. Sie muss vorläufig in einfachem Rahmen und einsprachig erscheinen. Die zur Verfügung stehenden Mittel gebieten Bescheidung. [...] Wir bedürfen der Unterstützung all jener, die schicksalsbedingt zu unserer Minderheit gehören. [...] Der Mitgliederbestand unseres Vereins wird uns letztlich zeigen, ob sich ein Einsatz wirklich lohnt!"

Ernst Ostertag, März 2009

Quellenverweise
1

club68, Nr. 1/1968, Seite 3