1978

CSD: Unterschriften

Standaktion

Den Ablauf des CSD selber schilderte Jürg Wehrli in der Zeitschrift hey, dem Organ der SOH (Schweizerische Organisation der Homophilen). Er illustrierte den Text mit seinen eigenen Aufnahmen.1 Titel:

"Kein 1. August-Fest für uns!"

"Einige Wochen vor dem Anlass wurden in drei Vorbereitungssitzungen mit Leuten der HAZ (Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich) und HFG (Homosexuelle Frauengruppe Zürich) [...] die Schwerpunkte festgelegt [...]. Für eine kleine Ansprache wurden diverse Persönlichkeiten eingeladen: bis zum Schluss hatten uns aber alle abgesagt:

  • Stadträtin Dr. Emilie Lieberherr ('anderweitig besetzt'),
  • der Pfarrer vom 'Wort zum Sonntag' nach der Telearena, Franz Ackermann ('weil ich von der Welt der Homophilen noch so wenig weiss'),
  • Bundesrat Kurt Furgler ('bereits eine andere Verpflichtung für diesen Tag übernommen'),
  • Dr. Berthold Rothschild ('ich hätte sicher mitgemacht, wenn ich zu diesem Zeitpunkt nicht in den USA wäre'),
  • Else Kähler und Marga Bührig, Boldern ('Zeitmangel')
  • und Alexander Ziegler ('grundsätzlich bereit', nahm dann aber Ferien). Wir hatten mit etlichen Absagen gerechnet, nicht aber mit allen."

"[...] Jedenfalls sind die meteorologischen Aussichten ziemlich besch…eiden. Wir [...] trotzen jedem Wetter. Kurz nach 10 Uhr: Der Info-Stand [...] ist mehr oder weniger standfest, [...], die 'Auslagen' vollständig (Anderschume, Lesbenfront, hey, Werbeblätter, gemeinsames Info-Blatt HFG-HAZ-Elternkontaktstelle-SOH, sowie die Unterlagen für die Petition gegen das Homo-Register) - und wir noch etwas sehr zurückhaltend. [...] Hand aufs Herz, lieber Leser (oder etwas tiefer) - hättest DU's gewagt?

Die anfänglich beiderseitige Schüchternheit war es dann wohl auch, die das gewünschte Gespräch mit Passanten und uns grösstenteils vermissen liess.

11.15: Es trifft noch Aushängematerial von der HASG ein, das sofort installiert wird. Ein schönes Durcheinander: HAZ, HFG, HASG und SOH (huch!). Von allen Querelen nichts zu bemerken, höchstens eine Art linkische Reserviertheit. Wir sind uns von wenigen Ausnahmen abgesehen persönlich ja auch fremd.

Einige Minuten später besucht uns [...] die Journalistin ("mm." von der NZZ, siehe weiter unten), welche als einzige zur Presseorientierung in den Club HEY gekommen war. (Ihrem persönlichen Engagement war es dann auch zu verdanken, dass in 'Ihrer' Tageszeitung ein geschickter, träfer Bericht zum CSD erschien; bemerkenswert übrigens, dass es sich um kein Boulevardblatt, sondern um [...] eine neue Zürcher Zeitung handelte.)

[...] Zwei Uhr: Die Zusammensetzung der Leute am Stand ändert sich abermals. Mitglieder der HASG (Homosexuelle Arbeitsgruppen St.Gallen) sowie der HAZ, die ich nie zuvor gesehen hatte, betätigen sich als Passanten-Verunsicherer. [...]"

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Ernst Ostertag, Mai 2007

Quellenverweise
1

Jürg Wehrli, hey Nr. 9/1978, Seite 4 ff., "Kein 1. August-Fest für uns!"