1978

Vorschau

… in der TV-Radio-Zeitung

Die wöchentliche TV-Radio-Zeitung mit den Programmen der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft brachte eine Vorschau auf die Telearena unter dem Titel "Die andere Liebe - die gleiche Liebe?" :1

"Laut Statistik sollen [...] in der Schweiz [...] 220'000 Homosexuelle - Männer und Frauen - leben. 'Das gehört in die Telearena', sagt Jo Stadelmann, Chefaufnahmeleiter beim Schweizer Fernsehen und Autor der Spielszenen 'Homosexualität'.

Er kennt die mit dem Thema zusammenhängenden Schwierigkeiten aus eigener Erfahrung. Und auch die Schwierigkeiten bei der Auswahl des Publikums: Zwar zeitigten Presseveröffentlichungen und der Hinweis nach der letzten 'Telearena' genügend spontane Anmeldungen, doch stammten diese meist aus 'organisierten' und damit politisch engagierten Kreisen.

Den Veranstaltern wäre es lieber gewesen, mindestens ebenso viele in Zweierbeziehungen lebende Paare in der Diskussionsrunde zu haben. 'Aber', so Stadelmann, '[...] Paare ziehen sich meist auf sich selbst zurück [...].' Denn die Toleranz der Umwelt erweist sich auch heute noch - trotz einer gewissen Liberalisierung - allzu oft als Scheintoleranz. Es braucht nur das Geringste zu passieren, und schon treten alle Ressentiments voll auf den Plan. Die Gefahr, seine Stellung zu verlieren, mit Eltern und Umgebung in Konflikte zu geraten, ist latent immer vorhanden. Auch das bei der Polizei existierende Homosexuellenregister wirkt wie ein Schreckgespenst. Es genügt schon, im falschen Adressbuch3 zu stehen oder in einem der einschlägigen Lokale gesehen worden zu sein, um sich in diesem Register wiederzufinden. [...]

Stadelmann lässt sein Stück in einem 'Homo-Lokal' beginnen, gestützt auf die Tatsache, dass sich immerhin 60% der Homosexuellen an solchen Orten kennen lernen. [...]

Im Zentrum der Story stehen zwei erwachsene junge Männer. [...] Gezeigt werden Probleme am Arbeitsplatz, zu Hause, in der Beziehung untereinander.

'Natürlich gibt es die Subkultur, und sie ist nicht sehr angenehm und meist [...] vulgär, ich will da nichts verschönern',

sagt Jo Stadelmann, der selbst seit neun Jahren in einer Zweierbeziehung lebt. (Wie mindestens die Hälfte der über 25-jährigen Homosexuellen.)

[...] Solche Beziehungen stellen ehemässige Partnerschaften dar - auch betreffend Arbeitsteilung, Sex, Freundeskreis, Alltag. [...]

Stadelmann verspricht sich von 'seiner' Sendung keinen durchschlagenden Erfolg in punkto Verständnis und Toleranz. 'Aber steter Tropfen höhlt den Stein, auch wenn es noch Generationen dauern wird, bis man uns wirklich akzeptiert.'

Die Konsequenzen, die sich durch sein offenes Zur-Sache-Stehen für ihn selbst ergeben könnten, nimmt er in der Hoffnung auf sich, helfen und klären zu können.

'Ich habe mir das lange überlegt, aber wenn ich mich so öffne, tut es jemand anders vielleicht auch, findet Eltern und Kollegen gegenüber den Mut dazu, damit es eine bessere alltägliche Situation für uns alle gibt.' "

In derselben Ausgabe stand das Programm des 12. April zu lesen:2

"20.25 Telearena - Ein dramatisches Spiel [...]. Eine alltägliche Liebesgeschichte [...]. Man lernt sich in einem Lokal kennen, lernt sich lieben, zieht in eine gemeinsame Wohnung, lebt sich auseinander."

Daran aufgezeigt werden sollten "Probleme wie Diskriminierung am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft überhaupt, komplizierte Bindungen zu Eltern und Partnern" und zugleich hoffte man, mit den Spielszenen "um Verständnis zu werben, Vorurteile abzubauen, vielleicht ein Thema zu entkrampfen und zu vermenschlichen."

Die mitwirkenden Schauspieler waren unter anderen: Matthias Gnädinger, Ursula Schaeppi, Eduard Huber, Walter Andreas Müller. Moderator war Hans-Ulrich Indermaur. Die Rolle des in dieser Sendung üblichen "Spielverderbers" und Animators der Diskussion spielte Alexander Ziegler.

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Ernst Ostertag, Mai 2007

Quellenverweise
1

Lila Franken, TV-Radio-Zeitung, von 1972-1978 bei Ringier, Zofingen herausgegeben, für die Zeit vom 10. bis 16. April 1978, Seite 10

2

TV-Radio-Zeitung, für die Zeit vom 10. bis 16. April 1978, Seite 22

Anmerkungen
3

etwa in der Agenda eines von Polizisten geschnappten Homosexuellen