CSD 1983, Aufklärung

Schulen, Politik, Kirche

Das offizielle Motto dieses CSD (Christopher Street Day) in Luzern hiess:

"Gewalt gegen Schwule und Lesben - Schwule und Lesben gegen Gewalt"

Die HACH legten bei den Presseorientierungen ihr Schreiben auf, das sie an alle Schulvorsteher und Rektoren der Berufsschulen und Gymnasien im ganzen Land versandt hatten, je in der entsprechenden Landessprache. Darin führten sie unter anderem aus:1

"Wie bekannt, fällt es den Familien seit je schwer, mit den psychischen bzw. sexuellen Entwicklungsschwierigkeiten ihrer Kinder umzugehen. Psychologische Beratung an Schulen und Jugendtreffpunkten ist daher heute eine allgemein anerkannte Notwendigkeit. Insbesondere werden solche Beratungsstellen für homosexuelle Jugendliche immer dringender, da ihnen bis jetzt fast jede sachliche Information vorenthalten wird und sie daher hartnäckigen Vorurteilen und Unterdrückung ausgesetzt sind.

Als Vorsteher/in einer Schule können Sie sicher ermessen, was es für homosexuelle Jugendliche bedeutet, wenn die Äusserung ihrer erotisch-sexuellen Bedürfnisse kriminalisiert, der Lächerlichkeit preisgegeben oder zum Objekt untauglicher Heilungsversuche gemacht wird. Wie wir aus eigener Erfahrung und aus Hilfegesuchen an unsere Organisationen wissen, kann dies gerade während des Heranwachsens zu schwerwiegenden Konflikten und ausserordentlichen Belastungen führen. [...] Die allenfalls bestehenden schulpsychologischen Dienste müssen jedenfalls ausgebaut und durch andere, schulinterne Einrichtungen ergänzt werden."

Zur Pride vom 18. Juni 2005 in Luzern (Feier der gewonnenen Abstimmung über das Partnerschaftsgesetz) verfasste Marco Lehre einen Rückblick auf "die erste lesbischwule Grossveranstaltung in Luzern", den CSD von 1983.2

"Ein "kämpferisches Plakat" wies nebst einer Demozeitung auf die Anliegen der Community für diesen Tag hin. Es war "ein einfarbig bedrucktes, rosarotes A2-Plakat. Auf der Vorderseite wurde ein Junge gezeigt, der aufschreit und die Faust macht. 'Mir langt's!' stand gross darüber. 5000 Exemplare liess das OK davon drucken. Auf der Rückseite war Platz für zweisprachige Forderungen, Programmablauf und die Feste. [...] Politik und Kirche wurden scharf kritisiert. [...]

Zwei der Forderungen hiessen: 'Abschaffung aller Rechtsnormen, die Nichtverheiratete benachteiligen und die Ehe und Familie bevorzugen' oder 'Durch den Staat finanzierte Selbstverteidigungskurse für Schwule'. [...] In langjähriger Tradition der Ignorierung der Lesben [...] haben sie auf dem Plakat nichts mehr zu suchen."

Im Umzug selber erregten "sechs geheimnisvolle rosa Riesengeschenkpakete"3 viel Aufmerksamkeit. Sie wurden mitgetragen und an der Schlusskundgebung geöffnet. Daraus zauberten die Paketträger viele kurze Statements und Grüsse an "Gesetzesschreiber, Moraltheoretiker, Militärs und den Papst"4, an "Vater Staat und andere"5 und lasen sie vor, wie man es etwa an der Basler Fasnacht mit den Schnitzelbänken tut. Dabei "wurden in ziemlich sarkastischer Weise Missstände angeprangert, durch die wir diskriminiert werden".6

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Ernst Ostertag, Juni 2007

Quellenverweise
1

Dokument im sas

2

Eine Zusammenfassung von Marco Lehre des CSD 1983 erschien in den Network News Nr.77/Juni 2005, Seite 17. Eine ausführlichere Version überliess er Ernst Ostertag freundlicherweise. Als Quellen gab er das Schwulenarchiv sas an sowie die Zeitungen Luzerner Neuste Nachrichten und Luzerner Tagblatt

3

Markus Gantner, hey, Nr. 9/1983, Seite 6 und 7

4

Marco Lehre, Zusammenfassung des CSD Luzern 1983

5

Markus Gantner, hey, Nr. 9/1983, Seite 6 und 7

6

Markus Gantner, hey, Nr. 9/1983, Seite 6 und 7