1980-1996

Letzte Jahre

… und die Weitergabe

1980 gab es keine Boldern-Tagung zu diesem Thema. Dafür organisierte die HAB unter Führung von Martin Fröhlich eine entsprechende Tagung im Gwatt-Zentrum bei Thun (dem bernischen Pendant zu Boldern). Zu diesem Jahr schrieb Max Krieg in seinem Bericht zusätzlich:1

"Neue Kontakte entstanden. Auch der Sämann [die offizielle Zeitung der reformierten Landeskirche des Kantons Bern] veröffentlichte schliesslich einen vielbeachteten Artikel zur Homosexualität. Christ+Welt und der Kirchenbote des Kantons Zürich folgten. [...] Für die Tele-Bühne von SF DRS [Schweizer Fernsehen] stellte sie Auszüge aus früheren Schriftwechseln zur Verfügung. Sie war jedoch sehr darauf bedacht, die Anonymität der Anfragenden zu wahren. Später glaubte sie, alle ihre Unterlagen vernichten zu müssen."

Davon konnte sie Max Krieg aber abbringen und so das Archiv retten (es ist heute vollumfänglich im Schwulenarchiv Schweiz, sas).

1981-1983 waren Jahre der Fortsetzung aller bisherigen Bemühungen und Arbeiten.

"Der Zenith der Aufmerksamkeit war jedoch überschritten. Die Pflege der eigenen Mutter nahm immer mehr Zeit in Anspruch und verhinderte weitere grosse Ereignisse. Bezeichnend für sie ist auch ein anderer Zug: [...] Sie bat die SOH, ihr kein hey mehr zuzustellen - zu viel Nacktheit!"2

Jetzt hätte eine Person - oder mehrere - einspringen müssen, um Mutter Krieg langsam zu ersetzen und schliesslich die Nachfolge zu übernehmen. Doch offensichtlich war niemand dazu bereit. Offensichtlich gab es unter all den Hunderten von betroffenen Eltern kein einziges Ehepaar, das sich hier einbringen konnte oder wollte, das die Fortsetzung dieser wichtigen, mit den aufkommenden Problemen um Aids erst recht nötigen Aufgabe als sinnvolle und erfüllende Alterstätigkeit erkannte, als Chance sah und zupackte. War die Zeit noch nicht reif, das Tabu noch zu mächtig?

1984 wurde es stiller. Max Krieg dazu:

"Die Anfragen waren selten geworden. Die Energie reichte für beide Aufgaben, Kontaktstelle und Pflege der Mutter, nicht mehr aus. Die Vereinigung schlief schliesslich ein."

Die späten Jahre

"Mehrmals betonte meine Mutter, dass sie während der intensiven Zeit mit der Elternkontaktstelle die interessantesten Menschen - nebst ihrem eigenen Mann - kennen gelernt und die wichtigsten Begegnungen ihres Lebens gemacht habe."3

1989, nach dem Tod ihrer Mutter, hätte sie wieder mehr Zeit gehabt. Aber sie mochte die Kontaktstelle nicht mehr neu aufbauen:

"Mit zunehmendem Alter entfernte sie sich mehr und mehr von diesem früheren Engagement. Als aber Hanna und Walter Keller4 mit meiner 80-jährigen Mutter Kontakt aufnahmen, stand sie sofort zur Verfügung und informierte die beiden eingehend über ihre damaligen Tätigkeiten und Erfahrungen."

Dieses Treffen fand am 29. April 1996 statt. Fünf Jahre vor ihrem Tod konnte sie die Idee ihres Werkes weitergeben und den Neubeginn ein wenig mitgestalten.

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Ernst Ostertag, Mai 2007

Quellenverweise
1

Max Krieg, Acht Jahre im Leben der Irma Krieg-Morath (1917-2001)

2

Max Krieg, Acht Jahre im Leben der Irma Krieg-Morath (1917-2001)

3

Max Krieg, Acht Jahre im Leben der Irma Krieg-Morath (1917-2001)

Anmerkungen
4

vor der Gründung des Vereins fels - Freundinnen/Freunde und Eltern von Lesben und Schwulen