1555-1938

Vorgeschichte

Genf im Mittelpunkt

In einem Überblick zur Schwulengeschichte der Schweiz1 schrieb Stéphane Riethauser:

"[...] Tout au long des XVIe et XVIIe siècles, 'les actes contre nature' sont sévèrement punis: ainsi, entre 1555 et 1670, dans la Genève de Calvin, on recense plusieurs exécutions d’hommes et de femmes par décapitation, pendaison ou noyade."2

Erst nach der Besetzung des Landes durch die Truppen Napoleons und der Neuordnung in der Helvetik mit Übernahme des Code Napoléon 1798 kam es erstmals in der Schweiz zu einem Strafgesetz, das homosexuelle Akte entkriminalisierte, bzw. nicht mehr erwähnte. In Genf (auch in den Kantonen VD, VS und TI) blieben diese Paragraphen bestehen bis 1942, als mit dem eidgenössischen StGB die Kriminalisierung bis zum 20. Altersjahr wieder eingeführt wurde.

Daher gab es schon früh eine kleine Gruppe um den Genfer Charles Rappaport3. Sie waren Sympathisanten des WhK in Berlin4 um Dr. Magnus Hirschfeld und kämpften dafür, dass es beim Genfer Gesetz bleibe, weil das 1929 vom Nationalrat gutgeheissene neue StGB (Eidgenössisches Strafgesetzbuch) einen Rückschritt bedeute. Das geschah in den Jahren um 1930, als in der übrigen Schweiz nur Gruppierungen in Basel und Zürich existierten, die sich ebenfalls nach Berlin ausrichteten.

Ernst Ostertag und Jean-Pierre Sigrist Mai 2008

Anmerkungen
1

Romandie, Histoire gay Suisse

2

Übersetzung: "Über die ganze Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts wurden 'Vergehen wider die Natur' schwer bestraft: so sind aus dem Genf Calvins zwischen 1555 und 1670 mehrere Hinrichtungen überliefert, Männer wie Frauen wurden geköpft, gehängt oder ertränkt."

3

vermutlich ein Pseudonym

4

Wissenschaftlich humanitäres Komitee, gegr. 1897 von Dr. Magnus Hirschfeld