1981

Leiterinnenpaar

Marga Bührig und Else Kähler

Im hey, Zeit­schrift der SOH (Schwei­ze­ri­sche Or­ga­ni­sa­ti­on der Ho­mo­phi­len), erschien in der Oktober-Ausgabe Nr. 10/​1981 ein Ab­schieds­ge­spräch mit Marga Bührig. Zum Anlass ihrer Pen­sio­nie­rung auf den 1. Oktober 1981 hatte es die hey-Mit­ar­bei­te­rin Nemesis auf­ge­zeich­net.1 Die Frage

"wie stellen Sie sich als Theo­lo­gin dazu, Ho­mo­se­xua­li­tät und damit ver­bun­de­ne Fragen auf Boldern zu be­han­deln?"

be­ant­wor­te­te Frau Bührig:

"Im Zu­sam­men­hang mit der Synode 72 der Ka­tho­li­schen Kirche wurde das Thema im Sinne von Seel­sor­ge durch den Direktor der Paulus-Akademie auf­ge­grif­fen. Er setzte sich mit mir und Else Kähler in Ver­bin­dung und schlug vor, diesen Pro­blem­kreis auf Boldern zu dis­ku­tie­ren. Wir waren der Ansicht, dass wir mit Menschen Kontakt suchen sollten, die sich mit solchen Fragen aus­ein­an­der­setz­ten.

Über Or­ga­ni­sa­tio­nen wie SOH und HAZ (Ho­mo­se­xu­el­le Ar­beits­grup­pen Zürich) ge­lang­ten wir an direkt Be­trof­fe­ne. Die HAZ lud Else Kähler und mich darauf ein, an einer Dis­kus­si­on teil­zu­neh­men. Es waren da auch les­bi­sche Frau­en­grup­pen anwesend. [...]

Die Denkart dieser Leute war uns neu, und wir mussten erst viele Dinge ver­ste­hen lernen. Auch stellte sich heraus, dass ein Dialog mit ho­mo­se­xu­el­len Männern ein­fa­cher war als mit les­bi­schen Frauen. [...]

Kirche und Ge­sell­schaft haben im Laufe der Zeit viel zur Dis­kri­mi­nie­rung der ho­mo­se­xu­el­len Menschen bei­ge­tra­gen. Boldern sollte auch ein Freiraum für diese Rand­grup­pe sein. Trotz vielen An­fein­dun­gen und der Schwel­len­angst be­trof­fe­ner und nicht be­trof­fe­ner Ge­sprächs­teil­neh­mer haben ins­be­son­de­re Else Kähler (es war ihr Ressort) und auch ich dazu bei­ge­tra­gen, dass Tagungen über Ho­mo­se­xua­li­tät stets im Jah­res­pro­gramm [...] erhalten blieben. [...]

Gerade in jüngster Zeit gibt es Dinge, die mich sehr be­schäf­ti­gen. Ver­däch­ti­gun­gen, dass Boldern zu links­las­tig, auch zu offen in christ­li­cher Hinsicht sei, machen uns sehr zu schaffen. Unter anderen sind es die FDP und einige kirch­li­che Kreise, die sich an dieser 'Ha­sen­jagd auf Boldern' be­tei­li­gen. Die schlimms­ten Ver­däch­ti­gun­gen kommen von der so­ge­nann­ten Rechten. Ich lehne al­ler­dings die Be­zeich­nung 'rechts' und 'links' ab, weil ich sie für un­zu­läng­lich halte."

Nemesis beendete ihren Artikel mit den Worten:

"Mit diesem In­ter­view möchten wir Frau Dr. Marga Bührig und Frau Dr. Else Kähler für ihren jah­re­lan­gen Einsatz für die Sache der Ho­mo­se­xu­el­len danken. Nicht nur haben sie, allen Schwie­rig­kei­ten und Pro­ble­men zum Trotz, die Tagungen und deren Vor­be­rei­tun­gen per­sön­lich geleitet, sondern haben sich auch in der weiteren Öffent­lich­keit, zum Beispiel in der 'Te­lea­ren­a', enorm für uns ein­ge­setzt. Dank diesem Einsatz ist Boldern für uns ein wich­ti­ger und schöner Fixpunkt im Jah­res­ab­lauf und ein öf­fent­li­ches Podium für unsere Anliegen geworden."

Else Kähler ging auf Ende März 1983 eben­falls in Pension.2

Zu diesem "schönen Fixpunkt im Jah­res­ab­lauf" er­schie­nen u.a. im hey re­gel­mäs­sig Hinweise und Berichte und bald gehörte die 1982 ge­grün­de­te HuK mit zu den aktiv be­tei­lig­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen HAZ und SOH.

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Ernst Ostertag, November 2006

Quellenverweise
1

hey, Nr. 10/​1981, Seite 10 ff

2

hey, Nr. 4/​1983, Seite 5