1987-2011

Persönliches

Ein Frauenpaar?

In unserer Redaktionsgruppe hey der SOH (Schweizerische Organisation der Homophilen) wussten einige (auch Ernst Ostertag) von der Antwort Marga Bührigs auf das offizielle Angebot von 1959, die Studienleitung des Evangelischen Zentrums Boldern zu übernehmen: "Beide oder keine", womit sie ihre Freundin Else Kähler meinte. Und natürlich rätselten wir, ob die Verbindung der beiden Frauen mehr war, als freundschaftliches Zusammenwirken eines blossen Studien- und Leiterpaares.

Wer an den Tagungen dabei war, berichtete von der uns gegenüber idealen und ungewöhnlichen Offenheit dieses Zweierteams. Nie jedoch gab es auch nur andeutungsweise eine Bestätigung von "etwas mehr, etwas Besonderes".

Erst nachdem beide altershalber zurückgetreten waren, publizierte Marga Bührig 1987 ein Buch in Stuttgart: "Spät habe ich gelernt, gerne Frau zu sein. Eine feministische Autobiographie." Daraus zitierte der Verein Frauenstadtrundgang Zürich als Herausgeber in seinem Band "Chratz & Quer; Sieben Frauenstadtrundgänge in Zürich" und schrieb zu Marga Bührig:1

" 'Ledig, aber nicht alleinstehend' - mit diesen Worten beschreibt die feministische Theologin Marga Bührig, die seit einem halben Jahrhundert mit einer Frau zusammenlebt, ihren Zivilstand. Mit 30 Jahren lernt sie Else Kähler kennen, die ebenfalls in Zürich Theologie studiert und aus Norddeutschland stammt. [...]

Aus Freundschaft erwächst Liebe zu ihrer Freundin, eine Liebe, die 'ebenso lebensbestimmend wie eine Ehe' wird. [...] Die Bezeichnung 'lesbisch' lassen sie für ihre Beziehung nicht gelten: Das Wort ist ihnen zu stark sexuell geprägt. Es betone eine 'Andersartigkeit', und weder Else Kähler noch Marga Bührig wollen sich in ein Schema pressen und als Minderheit einordnen lassen. 'Wir lebten in einer irgendwie selbstverständlichen gegenseitigen Geborgenheit von Wärme und Zärtlichkeit, die nach aussen sicher ausstrahlte, aber nicht öffentlich sichtbar wurde. [...]

Heute frage ich mich, was die Männer wohl dachten, die damals diesen Beschluss fassten. Offenbar waren wir [...] so gut ausgewiesen, dass niemand offen nach unserer persönlichen Beziehung zu fragen wagte. Spielte sie wirklich keine Rolle? Ich meine, dass das heute anders wäre. Heute würde 'man' offen oder versteckt fragen: Sind die beiden lesbisch?' [...]

Else Kähler und Marga Bührig wohnen fast 15 Jahre an der Voltastrasse 27 [im 'Boldernhaus'], als Elsi Arnold in ihr Leben tritt. Die Dritte im Bunde ist Lehrerin und Psychologin. Während eines Volontariats auf Boldern lebt sie im Haus der beiden Freundinnen, das inzwischen dem Tagungszentrum angegliedert worden ist. Marga Bührig, Else Kähler und Elsi Arnold leben heute gemeinsam in der Nähe von Basel."

Dort verbrachten die Frauen Kähler und Arnold nach dem Tod von Marga Bührig (2002) noch etliche weitere Jahre. Ab 2005 lebte Else Kähler im Pflegeheim Neubad, Binningen bei Basel. Und dort starb sie am 10. Mai 2011. Eine Danksagung nach der Abschiedsfeier (NZZ vom 20. Juni 2011) war u.a. unterzeichet von Elsi M. Arnold.

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Ernst Ostertag, November 2006

Quellenverweise
1

"Chratz & Quer. Sieben Frauenstadtrundgänge in Zürich", Limmat Verlag, Zürich, 1995, Seiten 296 bis 298