1992/1993

Saniert und umgebaut

Noch mehr Öffnung

Numero vom September 1992 berichtete über die Annäherung zur HAB unter dem Titel:

"Ursus Club und HAB: Ende des 'Kühlen Kriegs'."

Die ganze Schilderung füllte drei Seiten, ein Résumé auf Französisch eingeschlossen, und begann folgendermassen:

"Nach den bekannten Änderungen in der internationalen Politik der letzten Jahre zeichnet sich nun auch in der Berner Gay-Szene ein Ende des 'Kühlen Kriegs' zwischen HAB und Ursus Club ab. Zwischen beiden Vereinen hat bereits seit einiger Zeit eine Annäherung stattgefunden; nun haben sich in den letzten Monaten Vorstandsmitglieder der HAB und des Ursus Clubs zusammengesetzt, um eine Bürogemeinschaft in der Stadtmühle [später anderLand] zu planen."

Dann folgte ein Rückblick:

"[...] In beiden Vereinen wurde auf eigene Art Pionier-Arbeit geleistet - eben teilweise mit kontroversen Meinungsvorgaben. [...] In der Regel wurde über die Gegenseite die Nase gerümpft [...]: Einerseits die Kommerzschwestern im Ursus Club, [...] die jedes politische Engagement in schwulen Fragen verurteilten. Andererseits die militanten 'HABitzen', [...] die gar mit der einstigen POCH (Progressive Organisationen der Schweiz, gegr. 1971) zusammenspannten. [...] Damit bestätigten die HAB-Leute (so glaubte man im Ursus Club) das schlechte Image von Schwulen und Lesben in der heterosexuell ausgerichteten Mehrheit der Gesellschaft. [...]

Letztlich ist es wohl dem massiven Einbruch von Aids zuzuschreiben, dass Schwule und Lesben und Heteros jeglicher Mentalität miteinander in einer ganz neuen Art ins Gespräch kamen. Die Diskussion um die Notwendigkeit politischer Arbeit entfiel spätestens seit der Gründung der Aids-Hilfe; [...]. Nebenbei erwähnt fand sowohl in der HAB als auch im Ursus Club ein Generationswechsel statt. Und mittlerweile gibt es nicht wenige Berner Schwule, die bei beiden Vereinen Mitglieder sind."

Nachdem der Club gründlich saniert und umgebaut und deswegen ab Ende August geschlossen war, konnte am 31. Oktober 1992 eine fulminante Wiedereröffnung gefeiert werden. Und etwas über ein Jahr später stieg die Jubiläumsfeier "25 Jahre Ursus Club" am 26. November 1993. Dazu eingeladen waren der Stadtpräsident und der ganze Gemeinderat, also die Regierung der Stadt Bern. In der Einladung stellte der Ursus-Präsident Andreas Luginbühl den Club vor:

"[...] Er zählt heute über 600 Mitglieder und hat sich von einem Verein zur Pflege der Kameradschaft zu einer Organisation entwickelt, die den statutarischen Auftrag hat, sich für die sozialen, gesellschaftlichen und politischen Anliegen schwuler Männer einzusetzen. Der Club hat sich zum grössten Verein schwuler Männer in der Schweiz entwickelt. [...]

Der Ursus Club arbeitet heute eng mit den Homosexuellen Arbeitsgruppen Bern (HAB) zusammen, ist engagiertes Mitglied der Aids-Hilfe Bern und des Vereins Pink Cross, der nationalen Dachorganisation der Schwulen. [...]"

Das Presseecho war denn auch relativ gross. Die BZ (Berner Zeitung) vermerkte unter anderem:1

"Von einer 'geheimen' Organisation hat 'Ursus' heute nichts mehr. Vielmehr genehmigte vor zwei Jahren die Delegiertenversammlung eine radikale Statutenrevision. [...] Bis zu 400 Besucher drängen sich bei Hochbetrieb in Bars und Disco des vor einem Jahr renovierten Ursus-Kellers. Die Öffnung des Clubs macht sich auch hier bemerkbar: Jeweils am letzten Freitag im Monat ist wie heute Besucherabend, an dem auch Nichtmitglieder und Frauen ohne Begleitung Zutritt haben."

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Ernst Ostertag, Juli 2006

Quellenverweise
1

Berner Zeitung, 26. November 1993