2005-2008

Alles noch nicht erreicht

Darüber dachte Thomas Voelkin nach und formulierte seine Überlegungen in den Network News zum CSD 2008 in Zürich:1

"[...] Meine Familie, meine Freunde akzeptieren mich so, wie ich bin. Am Arbeitsplatz weiss es mein Chef, was Mitarbeiter von mir denken, ist mir egal, für etwas ist man ja Vorgesetzter. Wunderbar, wer so denken kann - wunderbar, wenn man so leben kann.

Doch es ist ein Selbstbetrug. Akzeptanz im privaten Kreis schützt nicht vor Homophobie. Die Möglichkeit, eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft registrieren zu können, ist noch nicht die Selbstverständlichkeit des Schwulseins. Blinden Hass auf Schwule gibt es nach wie vor, blindes Unverständnis von Behörden, Polizei, Ärzten ebenso. Nur ein stetiges Aufmerksam-Machen auf die Probleme des Schwulseins kann bei Verantwortlichen und in der ganzen Gesellschaft eine tiefgreifende Veränderung des Bewusstseins bewirken. [...]

Wir brauchen ein Verbot der öffentlichen Diskriminierung von Schwulen und Lesben - es darf kein Popstar zur Schwulenhatz aufrufen, nur weil es 'in' ist. Keiner darf Schwule verbal 'brennen' lassen, weil das zum 'originalen' Reggae aus Jamaika gehören soll.

Wir brauchen eine positive Darstellung der lesbischen und schwulen Lebensform in Schulbüchern und Lehrmitteln, damit besoffene Fussballfans nicht mehr auf die Idee kommen, Schwule zu verdreschen. Und wir brauchen eine anhaltende Diskussion über die allgegenwärtige Homophobie im Fussball. [...]

'Der Reichtum des Lebens sind gelingende Beziehungen!' - das schreibt die sich auf christliche Werte berufende 'Familienlobby' Schweiz auf ihrer Homepage. Wunderbar? Doch diese Gruppe will eine Petition gegen die EuroPride 2009 lancieren, [...]. Zürich soll keine Stadt sein, die wegen dem Geld schwuler Touristen und sogenannter Weltoffenheit die Massen ins Unglück lockt. [...]

Die heterosexuelle Mehrheit sieht diese Probleme gar nicht. Wir müssen das machen. Wir müssen sichtbar sein. Wir müssen hinausgehen, am CSD und an der Pride mitmarschieren, je mehr wir sind, desto mehr Gewicht haben unsere Argumente. Doch nur, wenn wir out sind, wir unser Schwulsein akzeptieren, wenn wir in der Öffentlichkeit selbstbewusst unsere Argumente vertreten, wirken wir glaubwürdig und können den Anstoss geben für Veränderungen. [...]"

Alles haben wir noch nicht erreicht!

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Ernst Ostertag, Oktober 2008

Quellenverweise
1

Thomas Voelkin, Network News, Nr. 98, Juni 2008, Seite 10 ff