2005

Podiumsdiskussion

… in der Universität

Eine dieser kleineren Versammlungen war auf den 3. Mai als "Podiumsdiskussion zum Partnerschaftsgesetz" in der Universität Zürich angesetzt. Die Pro-Seite vertraten Markus Notter, Regierungsrat (SP) und Rosmarie Zapfl, Nationalrätin (CVP), die Contra-Seite Willy Furter, Kantonsrat (EVP) und Hans Peter Häring, Verfassungsrat (EDU); alle waren Zürcher Politiker. Patrick Rohr konnte als Moderator gewonnen werden. Die Organisation lag in den Händen der Gruppe zart&heftig (schwule und lesbische Studierende an beiden Zürcher Hochschulen). Es war ein denkwürdiger Abend. Am Schluss hatte man fast Mitleid mit den zwei Gegnern. Ralf Kaminski berichtete im Tages-Anzeiger vom 7. Mai 2005:1

"Wie in der sprichwörtlichen Höhle des Löwen müssen sich [...] Willy Furter und [...] Hans Peter Häring am Dienstagabend vorgekommen sein. Einsam vertraten sie [...] die Kontraposition gegenüber [...] Rosmarie Zapfl, [...] Markus Notter und einem Publikum aus Schwulen, Lesben und ihren Sympathisanten.

Unter der Leitung des Ex-'Arena-Moderators' Patrick Rohr stellte sich rasch heraus, dass die eigentlichen Motive der Gesetzesgegner in ihrem Glauben gründen - alle anderen Argumente ('das Gesetz ist unnötig','zu viel Aufwand für eine Minderheit', 'es benachteiligt Konkubinatspaare') hatten Notter und Zapfl ziemlich rasch zerzaust. So gelang es ihnen, zum Kern des Widerstandes vorzustossen: 'Durch das Gesetz bekommt die Homosexualität ein Recht, wird staatlich sanktioniert - das bedeutet, dass sie dann mehr oder weniger gottgegeben ist', sagte Häring. Und das dürfe nicht sein.

Doch auch in der nachfolgenden theologischen Debatte hatten Furter und Häring einen schweren Stand, konterte doch selbst Notter mit Bibelzitaten: 'Ich habe das für heute Abend extra noch nachgelesen.' Und Zapfl sagte schlicht: 'Wäre Jesus heute hier, er stünde auf unserer Seite. Hundertprozentig.' "

Wir (Röbi Rapp und Ernst Ostertag) erinnern uns: Einer aus dem Publikum sagte, er sei gläubiger Christ und wisse, sein Herrgott habe zu ihm als schwulem Mann Ja gesagt; er habe auch zu den beiden Gegnern als Menschen Ja gesagt. Aber dass diese nun behaupten, ihr Herrgott sei gegen gleiche Rechte für alle seine Kinder, das sei doch eine Vereinnahmung Gottes und demnach falsch.

Zum Abschluss gab es einen Apéro. Zuerst wollten die beiden arg Strapazierten den Ort sofort verlassen. Doch einige der Studenten/Studentinnen reichten ihnen Wein und stiessen an auf ihr Wohl. Man sprach über andere Dinge, und die Stimmung wurde spürbar lockerer, auf beiden Seiten.

Wir kamen uns fast vor wie bei der Kappeler Milchsuppe 1529, als der Streit der reformierten Zürcher gegen die katholischen Innerschweizer mit gemeinsamem Löffeln von Brotbrocken aus einer Milchsuppe endete. Übrigens, der Vorschlag dazu stammte von einem Glarner Hauptmann.

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Ernst Ostertag, Oktober 2008

Quellenverweise
1

Tages-Anzeiger, 7. Mai 2005