2002

Frauenbund und Domherr

… katholische Frauen treten vor

Am 17. November 2002 veröffentlichte der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) eine Grundsatzschrift mit dem Titel "Unsittliches Tun oder anerkennenswerte Lebensform?"

Verfasserin war die Vizepräsidentin des Verbandes, Caroline Meier-Machen. Diese Publikation wirkte für viele wie eine Bombe, für sehr viele andere aber war sie ein Befreiungsschlag. Mit Sicherheit handelt es sich um die progressivste Verlautbarung aus einer Gemeinschaft gläubiger Schweizer Katholikinnen. Ihr grundsätzliches Anliegen: Christsein in Wahrhaftigkeit leben und weitertragen - auch in der Hoffnung, dass sich innerhalb der Kirche etwas bewegen möge.

Die Schrift des SKF war und blieb die leider einzige und damit wichtigste öffentliche Stellungnahme seitens einer kirchennahen Organisation, welche - ausführlich begründet - christliche Positionen für eine Gleichstellung homosexueller Paare aufzeigte. Damit war eine Bresche in Mauern traditioneller Grundsätze und Lehrmeinungen geschlagen. Der Katholische Frauenbund hat mit seiner Publikation tief in den Prozess der Meinungsbildung eingegriffen und ist Teil der Geschichte vom Durchbruch des eidgenössischen Partnerschaftsgesetzes geworden.

Die Auseinandersetzung um Positionen zur rechtlichen Anerkennung und Gleichsetzung von Homosexuellen drängte auch die offizielle katholische Kirchenleitung zu Stellungnahmen: Die Schweizerische Bischofskonferenz und einen Domherren des Bistums Chur (zu dem auch der Kanton Zürich gehört). Ihre Verlautbarungen sind der gegenteiligen Haltung zum katholischen Frauenbund verpflichtet und bemühen sich um Analysen der Zeit ("Spassgesellschaft") und des "Sündhaften" in ausgelebter gleichgeschlechtlicher Sexualität.

Die breit geführte Diskussion um ein Partnerschaftsgesetz zwang offensichtlich sehr viele Menschen zum Nachdenken und sich outen. Und das ist eine andere und ebenfalls wichtige Seite dieser ganzen Geschichte. Eine Seite übrigens, die in einer direkten Demokratie wie der unsrigen unabdinglich ist - mit Vor- und Nachteilen. Doch die Vorteile überwiegen. Und davon legen die noch folgenden Kapitel ein klares Zeugnis ab.

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Ernst Ostertag, Oktober 2008 und März 2012