2001

Arbeitswelt: Positives

Re­por­ta­ge im Facts

Die Wo­chen­zeit­schrift Facts1 ver­öf­fent­lich­te im Oktober 2001 eine viel­be­ach­te­te il­lus­trier­te Re­por­ta­ge zum Thema "Er­folg­reich schwul. Manager outen sich, einige Firmen ver­bie­ten Dis­kri­mi­nie­rung. Trotzdem müssen sich immer noch viele Ho­mo­se­xu­el­le im Job bedeckt halten". Daraus einige Passagen, die Mit­glie­der von Network be­tref­fen:

"Zum Fir­men­fest der ABB brachte Oliver Fritz, 36, einen Mann mit. 'Kein Problem', sagt der Physiker: 'Dass ich schwul bin, stört hier keinen.' Fritz ist in der Kon­zern­for­schung von ABB in Dättwil bei Baden (AG) tätig. Ver­steck­spiel kommt für ihn nicht in Frage. 'Ich habe mir bewusst einen Ar­beits­platz gesucht, an dem ich mich offen äussern kann.' Bei ABB ist der Forscher an der rich­ti­gen Adresse. Im Leitbild kann jeder nach­le­sen, dass die Firma Dis­kri­mi­nie­rung auf Grund der ge­schlecht­li­chen Ori­en­tie­rung nicht duldet. 'Ein klares Zeichen, das mir Si­cher­heit gibt', sagt Fritz.

Auch Pierre Kottelat, 44, Di­rek­ti­ons­mit­glied bei Swiss Re, steht dazu, dass er schwul ist. Kottelat hat sich in den 80er Jahren geoutet, am Fir­men­ju­bi­lä­um von Swiss Re. Statt mit Gattin erschien er mit seinem Freund. 'Einen festen Partner zu haben, er­leich­tert das Outing. Man bringt ihn einfach mit und muss nicht allen erklären: Hallo, ich bin übrigens schwul.'

[...] Der po­li­ti­sche Kampf um Gleich­stel­lung hat Mut gemacht. Jetzt gehen Ho­mo­se­xu­el­le auch am Ar­beits­platz in die Of­fen­si­ve - schwule Manager wollen sich kol­lek­tiv outen.

Lanciert wird die Aktion von Network [...]. Die Masken fallen am 13. Oktober. In einem ganz­sei­ti­gen Inserat in der NZZ werden sich ho­mo­se­xu­el­le Ka­der­män­ner mit Name, Firma und Foto öf­fent­lich outen.

'Wir wollen mit gutem Beispiel vor­an­ge­hen und arbeiten fo­kus­siert auf die ge­setz­li­che Gleich­stel­lung und be­din­gungs­lo­se Ak­zep­tanz hin', erklärt UBS-Direktor Rob Leng­a­cher. Der 47jäh­ri­ge Banker lebt seit sechs Jahren mit seinem Freund zusammen. Seit April ist er bei der UBS im Bereich An­la­ge­fonds tätig. 'Ich habe die Pen­si­ons­kas­sen­re­ge­lung be­züg­lich gleich­ge­schlecht­li­cher Paare beim An­stel­lungs­ge­spräch an­ge­spro­chen', erklärt Leng­a­cher: 'Meine Se­xua­li­tät ist nicht das Thema - es geht um zeit­ge­rech­te Per­so­nal­kon­di­tio­nen.'

Auch Hans-Peter Fricker, FDP-Ver­fas­sungs­rat im Kanton Zürich und Direktor der Schwei­ze­ri­schen Multiple-Sklerose-Ge­sell­schaft, hat sich am Ar­beits­platz geoutet. 'Bei jenen, die sich für mich per­sön­lich in­ter­es­sie­ren, ist es bekannt - Chef und Kollegen haben die Mit­tei­lung gelassen auf­ge­nom­men.' Dennoch ist die Rede über die eigene Ho­mo­se­xua­li­tät noch lange keine Selbst­ver­ständ­lich­keit. 'Die Re­ak­tio­nen reichen von echter Sym­pa­thie bis hin zu einer Freund­lich­keit, die schwer zu in­ter­pre­tie­ren ist.' [...]

[...] 'Das Klima ist offener ge­wor­den', erklärt Thomas Geiser, Pro­fes­sor für Ar­beits­recht an der Uni­ver­si­tät St.Gallen (HSG) und ne­ben­amt­li­cher Bun­des­rich­ter. 'Wir haben eine Ent­wick­lung, die in den letzten fünf Jahren an Ge­schwin­dig­keit nicht mehr zu über­bie­ten ist.' Der Uni-Prof muss es wissen. Geiser ist schwul und steht dazu, 'auch bei meiner Wahl zum Bun­des­rich­ter'."

Nach oben

Ernst Ostertag, Juni 2008

Quellenverweise
1

Nadja Pastega, Facts, Nr. 40/​2001, Seite 82