1993

Noch 3 Schweizer Chöre

… stellen sich vor

Im Programmheft zum 7. Europäischen SchwuLesbischen Chorspektakel stellten sich auch die übrigen drei Schweizer Chöre dar, jeder auf seine eigene Art und Weise.

So Lechz, der Lesbenchor Zürich:

"Dürfen wir vorstellen: Lechz beim ersten grossen Auftritt! Wir sind noch jung. Wir wissen noch nicht so recht, was aus uns einmal werden wird. Aber es ist doch wunderbar, dass es uns gibt!

Wir haben einen grossen Bruder, an dem wir voller Bewunderung hochschauen. Aber denken Sie jetzt nicht, wir seien nur die kleine Schwester! Wir können es schon selber! [...]

Lesben sind auch heute noch weitgehend unsichtbar. Wie es in einem unserer Lieder heisst: 'Man sieht uns nicht, man kennt uns nicht; wir tragen keine Zeichen.' Dieser Zustand schützt zum Teil vor direkter Diskriminierung. Aber gerade das Bewusstsein, von der Gesellschaft nicht wahrgenommen zu werden, schafft uns die grössten Probleme. [...]

Stellen Sie sich vor: Männer sind für uns überflüssig! Dieser erschreckenden Tatsache können selbst wir nicht immer ins Auge blicken. Und so scheint es oft verlockend, sich ins Schneckenhaus zu verkriechen [...]. Und wieder werden wir nicht wahrgenommen.

Diesen Teufelskreis wollen wir mit dem Lechz durchbrechen. Singenderweise! [...]"

Die Schwulen Berner Sänger, Schwubs waren ebenfalls eine erst ein Jahr junge Formation:

"Ganz jungfräulich - oder müsste man sagen jungmännlich? - treten [...] die Schwubs zum ersten Mal vor grösserer Öffentlichkeit auf. [...] Chorgeschichte und Konzert-Curriculum beginnt für uns erst hier in Zürich so richtig.

[...] Wir, das sind gut 20 schwule Männer mit mehr oder weniger (Sing-)Vergangenheit, bunt zusammengewürfelt vom Berner Oberland und Emmental über die Bundesstadt bis ins Seeland. Wir singen mit unserem Leiter Walter Conzelmann von fröhlich-frivol bis ernsthaft-besinnlich alles, was uns gerade Spass macht und die Grenzen zwischen Schwulem und Nichtschwulem zu verwischen hilft."

Die Basler Fliedertafel entstand praktisch zeitgleich mit dem schmaz. Und es war wie bei diesem das Konzert eines deutschen Chores, welches als Vorbild und Anstoss gewirkt hatte:

"Der 'legendäre' Auftritt von MäNü (Männerchor Nürnberg) am HABS-Fest (HABS, Homosexuelle Arbeitsgruppen Basel) im Sommer 1989 motivierte einige Männer zur Gründung eines schwulen Männerchors in Basel. Der Name der Basler Liedertafel, eines alteingesessenen Chors, liess uns den Namen 'Fliedertafel' wählen.

Nachdem relativ schnell eine Chorleiterein und ein Probelokal gefunden waren, sangen wir uns zu den ersten 'Höhenflügen'. Der erste öffentliche Auftritt am HABS-Fest im Jahr darauf war ein grosser Erfolg. Weitere Auftritte in Konstanz und Hamburg folgten.

[...] Unser ambitiöses Vorhaben, die Programme szenisch zu gestalten und jährlich ein neues Programm zu erarbeiten, kam ins Stocken, weil uns die [...] Leiterin aus beruflichen Gründen verlassen musste. [...] Heute sind wir noch acht bis zehn Männer [...] und erleben die Qualität der Arbeit in einer kleinen Gruppe. [...] In unserer gemeinsamen Zeit mussten wir uns mit dem Tod von Mitsängern auseinandersetzen - ihr Andenken hat einen festen Platz in unserer Gruppenkultur. Mit einem Faltblatt versuchen wir nun, neue Mitsänger zu gewinnen."

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Ernst Ostertag, Juni 2008