Abschiedsfeier vom 27. Oktober 2018

Ein Bericht von Ernst Ostertag

Es regnete in Strömen, genau wie an unserem Hochzeitstag vor fünfzehn Jahren und genau wie damals traf man sich im Zürcher Stadthaus. Die Halle war bis zum letzten Platz besetzt. Giovanni Lanni hatte die Dekoration besorgt. Ballons in den sechs Farben der internationalen Flagge der schwul-lesbischen Community schmückten die Bogen über den Säulen, und auf der Bühne erschienen sie wieder und umrahmten den Namen RÖBI. 

Corine Mauch, unsere Stadtpräsidentin, eröffnete den Anlass mit bewegenden und sehr persönlichen Worten. Das war schlicht grossartig und wunderbar zugleich.

Danach sang der schwule Männerchor Zürich (schmaz) und sofort war klar, in diesen nicht einfachen Liedern paarte sich Gesangskunst auf höchstem Niveau mit grosser Professionalität. Denn die Akustik der Halle ist schwierig, weshalb sich die erfahrenen Sänger unter ihrem Dirigenten Ernst Buscagne bereits vor dem Eintreffen des Publikums an Ort einsangen. Das zahlte sich aus. Es tönte vollkommen, auch in den schwierigen Passagen mit aufgeteiltem Chor, mit Solostimmen und mimischen Einlagen.

Die Moderation musste ich kurzfristig selbst übernehmen. Immerhin, so wurde sie etwas persönlich. 

Josef Burri, Autor und Fachmann im Bereich Buddhismus und Südostasien, schilderte in seinem Hauptreferat Röbis Leben nicht chronologisch, sondern auf der Grundlage der Lehren des Buddha und konnte so wenig bekannte Linien und Aspekte in Röbis Werdegang und seiner geistigen Entwicklung hervorheben. Für viele war das vielleicht neu, aber der Redner fand die sprachlich nötige Klarheit und wies auf Röbis tibetischen Namen Karma Sherab wie auf das Mantra in der Todesanzeige hin.

Das Flötenduo Brita Ostertag und Philipp Bachofner überraschte zusammen mit der Cellistin Cécile Grüebler mit einem heiteren Zwischenspiel von Melodien aus Mozarts Don Giovanni anhand eines Arrangements aus dem Jahr 1818 und liess dieses kaum bekannte Stück zum musikalischen Erlebnis werden. 

Mit seiner Schilderung des sich im Alter neu entwickelnden Talents von Röbi als Bühnen-Star gelang es Oliver Fritz, jenes Phänomen erfahrbar zu machen, das Röbis Künstlernatur zugrunde lag. Der Untergang des KREIS hatte zu einem jahrzehntelangen Schweigen geführt, doch mit 70 wollte Röbi noch einmal ins Rampenlicht treten und das Publikum mit den Feinheiten seiner Kunst verzaubern. Oliver war nun sein Pianist. Ohne ihn wäre der Neustart nicht gelungen. Und Oliver liess Röbi zu sich selbst und weit über sich selbst hinauswachsen. Das machte er uns in seiner Ansprache ganz nahe und ganz persönlich spürbar. Es waren die berührendsten Momente der Feierstunde. 

Danach kam der schmaz und sang mit einem jazzigen Lied Rhythmus, Spass und Freude herbei, sodass Tobias Urech - Vorstandsmitglied der "Milchjugend" und zugleich ein Bühnentalent als Drag Queen namens Mona Gamie - es leicht hatte, vom letzten Auftritt Röbis zu erzählen, als die "alterslose Grande Dame" zusammen mit ihm, dem jungen Tobias am 5. Mai dieses Jahres auf jener Bühne performte, die auch die Bühne des KREIS war, nämlich im Theater am Neumarkt. Er enthüllte zum Schluss ein Foto-Bild, das Röbi zeigte, im weissen Frack Abschied vom Publikum nehmend, den Zylinder in der Hand.

Ernst Ostertag, November 2018