1933-1936

Schweizerisches Freundschafts-Banner (FB)

Zeitschrift

Die erste Nummer 20/1933, die drei Beilagen im deutschen Freundschaftsblatt vom Herbst 1932 wurden nicht gezählt, begann unter anderem mit einer klaren Zielsetzung:

"Aufklärend und belehrend auf jene unserer Mitmenschen einzuwirken, die sich heute noch berechtigt glauben, uns als pervers und entartet zu halten nur deswegen, weil wir nun einmal anders denken und fühlen wie sie. Es liegt an uns selbst, sie darüber aufzuklären, [...] durch unser persönliches Tun und Handeln ihre Achtung und ihr Verständnis abzuringen."

Diese Sätze waren eindeutig geprägt von der bitteren Erfahrung der ersten Diffamierungskampagne 1932.

Und ihrem Aufruf in den wieder beigefügten Frauenseiten verlieh Laura Thoma kämpferische Töne:

"Schweren Schicksalsschlägen gelang es, sein Erscheinen (Freundschafts-Banner) [...] zu unterdrücken. Doch die Erinnerung an sein Wohltun und Aufrichten blieb jugendfrisch in unserer Seele wach. Sie ist es auch, die kampfesfreudigen Sachbekennern die Kraft und den Mut gab, Hände ans Werk zu legen, um wieder aufzubauen, wo niedergerissen wurde."

Ab Nummer 21 von Ende Mai erschien die Zeitschrift in Buchdruck auf weissem Papier und erhielt so ein professionelles Gesicht.

Auch ein Bundeslied gehörte in diesen Neuanfang. Es bestand aus drei Strophen, verfasst von Laura Thoma, sein Schluss lautete1:

Drum Freund und Freundin, streite für unser Menschenrecht,
Das Glück uns stets begleite in unserm Artgeschlecht.
Es lebe, was wir lieben, das 'Lila-Banner' hoch,
Die Freundschaft soll nichts trüben, die Welt gehört uns doch.

Damit hatte unser Land eine neue Organisation und ein gedrucktes Sprachrohr, beides mit gesamtschweizerischem Anspruch. Zugleich war der April 1933 Ausgangspunkt einer bis heute nie mehr unterbrochenen Linie von schweizerischen Nachfolgeorganisationen und Nachfolgepublikationen.

Dieser Anfang geschah zeitgleich mit dem Etablieren der Hitler-Diktatur in Deutschland und mit einem ihrer ersten Verbrechen: Der systematischen Zerstörung aller Homosexuellen-Organisationen und -Treffpunkte, aller Zeitschriften, Bücher und Bibliotheken. Bereits wurden erste homosexuelle Menschen verfolgt, eingesperrt, gefoltert und in "Arbeitslager" (Konzentrationslager) verbannt, wo in den nächsten 12 Jahren gegen 20'000 von ihnen grausam umkommen sollten.

"Die Welt gehört uns doch", dieser Anfang bei uns geschah, als alle Bande zu Deutschland rissen und nur noch wenige private, oft unstabile Kanäle bestehen blieben.

Zwei Jahre später, in Nummer 21/1935 wurde auf diese Situation hingewiesen:

"Wissen Sie, dass das Schweizerische Freundschafts-Banner die einzige homoerotische Zeitschrift ist, die noch in deutscher Sprache erscheint?"2

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Ernst Ostertag, Februar 2005

Quellenverweise
1

Laura Thoma, Schweizerisches Freundschafts-Banner, Nummer 9/1934, vom 1. Mai.

Anmerkungen
2

In Österreich, das damals noch selbständig war, gab es weder eine Organisation noch Publikationen.

Weiterführende Links extern

Freundschafts-Banner