Zum neuen Jahr
"Neujahr 1939" hiess die Botschaft von Anna Vock / Mammina in Nummer 1 vom 1. Januar. Man begann das erste Jahr in Freiheit vor dem Gesetz und konnte für einmal zufrieden sein:
"[...] Auch wenn der Kampf um Anerkennung unserer Eigenart und Gerechtigkeit uns gegenüber mit jedem Jahr aufs Neue anhebt, wir dürfen mit dem bisher Erreichten zufrieden sein. [...] Wohl keine Minderheit hat so unter dem Kantönligeist rückständiger, mittelalterlicher Gesetze gelitten wie die Homoeroten. Hunderte von Artkollegen mussten diesen Gesetzen bittersten Tribut zahlen, während über der nächsten Kantonsgrenze ihnen nichts hätte geschehen können, weil dort ein gerechteres Gesetz galt. [...]
Wir leben in einem freien demokratischen Lande, für das die Diktatoren von Nord und Süd nur ein Hohnlächeln übrig haben. Zeigen wir uns auch unserer Freiheit würdig und seien wir treue, und wenn es sein muss auch bis zum letzten Opfer bereite Bürger unseres einzig schönen, schweizerischen Vaterlandes. [...] Unser Vaterland ist jeden Opfers wert und ich bin sicher, auch wir Frauen würden niemals zurückstehen hinter dem wehrbereiten Manne, wenn es dem höchsten, dem Vaterlande gilt! [...]"
Mammina zielte dabei auf die Lage in Europa: Beim Abkommen von München am 29./30. September 1938 wurde eines der letzten demokratischen Länder Zentral-, Ost- und Südeuropas von Frankreich und Grossbritannien feige der Hitlerdiktatur preisgegeben: Die neutrale Tschechoslowakei - und es war nur eine Frage der Zeit bis zum Fall der des Sudetenlandes und damit seiner schützenden Gebirgszüge beraubten "Rest-Tschechei", was am 15. und 16. März 1939 auch geschehen sollte. Man war also allein und nur auf sich selber gestellt und die völkerrechtlich anerkannte Neutralitätserklärung ein Fetzen Papier. Die sich über jedes Recht hinwegsetzenden Diktatoren konnten sie jederzeit ungestraft zerreissen, wie sie das bereits im März 1938 beim "Anschluss" Österreichs getan hatten.
Auch in dieser Neujahrsbotschaft durfte das Werben um mehr Abonnenten nicht fehlen:
"Wenn wir nur 50 Abonnenten mehr gewinnen, wäre es möglich, jede Nummer illustriert herauszugeben. [...] Wer fünf neue Abonnenten wirbt, erhält die Zeitung ein Jahr lang gratis; für 1 bis 4 Abonnenten gibt es ein schönes Bild."
Ernst Ostertag, August 2004