1965

Carl Zibung: Neugestaltung

... ein zweiter Versuch

Bei einem der Gründungstreffen des Club 68 kurz nach der letzten Jahresversammlung des KREIS erzählte uns Carl Zibung (1930-1998) im November 1967, wie er zwei Jahre zuvor eine gründliche Neuorientierung der Zeitschrift angestrebt habe. Er tat dies ohne vom früheren Vorstoss Constantin Zuppigers / Coni zu wissen. Coni war ebenfalls anwesend und sehr erstaunt, dass Karl Meier / Rolf gegenüber Carl Zibung nichts davon erwähnt hatte.

Carl berichtete: Wie es heute in der Publikationsbranche üblich sei, habe er den Inhalt der Zeitschrift in Rubriken gegliedert:

  • Editorial (verfasst von Karl Meier / Rolf, abwechselnd mit anderen Kameraden, Redaktoren)
  • Kurznachrichten (In- und Ausland)
  • Literarisches
  • Gesellschaft/Politik/Wissenschaft und Reportagen dazu
  • Geschichte/berühmte Homoeroten
  • Bücher/Zeitschriften/Neuerscheinungen
  • Reisetipps, Lachen und Lächerliches
  • Briefkasten/Beratung; Hinweise/Mitteilungen

Dazu habe er eine Probenummer in Grossformat mit neuem Layout, anderer Schrift und randloser Bebilderung zusammengestellt. Dies bewusst, um den kleinformatigen, unübersichtlichen Konkurrenzblättern des Auslandes etwas Ansprechendes und inhaltlich wie in der Gestaltung betont anderes entgegen zu setzen.

Damit sei er zu Karl Meier gegangen mit der Aufforderung, es müsse jetzt Grundlegendes geschehen. Die sich anbahnende neue Zeit der Überwindung aller Repression verlange neue Ideen, neue Köpfe und jüngere Kräfte, die aktiv mitgestalten und ihre Rechte einfordern wollen. Dazu müssten enge Vernetzungen mit gleichgesinnten Männern und Organisationen in fortschrittlichen Ländern wie Dänemark und Holland geknüpft werden: Austausch von Ideen, Vorgehensweisen und Erfahrungen auf allen Ebenen solle Zweck dieser Verbindungen sein und ihr Ziel die europaweite Koordination und Agitation.

Was mit Carls Vorstoss geschah, war eine Wiederholung dessen, was Coni Zuppiger zwei Jahre zuvor erlebt hatte: Abschwächung bis zur Unkenntlichkeit; ein letztlich frustrierendes Nein. Man wollte zwar junge Mitarbeiter. Aber sie hätten sich dem "gesetzlichen Rahmen" und der Tradition des Kreis einzugliedern und unterzuordnen. Eine Erneuerung sei nur in wohlüberlegten, kleinen Schritten und in Verbindung mit den zuständigen Behörden durchführbar. Das Geheimbleiben und die Sicherheit der Abonnentenlisten dürfe zu keinem Zeitpunkt aufs Spiel gesetzt werden.

Als Carl - und das bestätigte am selben Abend der ebenfalls anwesende Walter Boesch - auf etliche Abonnenten hingewiesen habe, denen er zuvor sein Projekt erläuterte und mit deren Zustimmung er es jetzt vorlege, sei er vor allem von Eugen Laubacher / Charles Welti angegriffen und als Kopf einer alle und alles gefährdenden Oppositionsgruppe bezeichnet worden. In der Überzeugung, Zeitschrift und KREIS sei nicht mehr zu retten, zog sich Carl Zibung frustriert zurück.

Nach oben

Ernst Ostertag, Januar 2006