1959
Der Kreis wehrt sich
... gegen die Propaganda der CSP
Der Kreis wehrte sich gegen die verzerrende, populistische Propaganda der Christlichsozialen Partei (CSP, heute CVP). Er liess einen "Zürcher Katholik" zu Wort kommen:1
"Anfangs April hat die CSP des Kantons Zürich [...] unter dem Titel 'Das offene Wort' eine Wahlzeitung herausgegeben, in welcher folgender Passus zu lesen war:
"Wir haben es herrlich weit gebracht! Wir sind bald auf dem Wege, um die Verbrechertätigkeit zu 'legalisieren'! Der Kampf gegen die Unterwelt, gegen die Homosexuellen, gegen Abtreiber und Kuppler usw. steht in keinem Verhältnis zur 'staatspolitischen Schärfe', mit der man gegen kleine 'Verkehrssünder' vorgeht."
Wirklich, die CSP hat es herrlich weit gebracht! Die Verunglimpfung des politischen Gegners genügt den christlichsozialen Wahlstrategen nicht mehr, nun müssen auch noch wir Homoeroten herhalten. Dass wir in einem Atemzug zusammen mit Abtreibern und Kupplern genannt werden, ist ein starkes Stück und sicher eine der übelsten Entgleisungen, welche je in einem schweizerischen Wahlkampf vorgekommen sind.
Ich glaube, dass wir homoerotischen Katholiken unter diesen Umständen in Zukunft der CSP unsere Stimmen vorenthalten müssen. [...] Es darf aus unserem Lager keine Stimme für die Unterdrücker der elementarsten Menschenrechte abgegeben werden!"
Zur "staatspolitischen Schärfe gegen kleine Verkehrssünder", wie in der CSP Wahlzeitung angegeben, setzte Karl Meier / Rolf den Vergleich und titelte "Verbrechen und ihre Strafe":2
"Das Strafgericht des Saanebezirks (FR) verurteilte einen 28jährigen Italiener zu 20 Monaten Zuchthaus und zehn Jahren Landesverweisung. Der Angeklagte hatte in einer Bahnstation in Freiburg einen Diebstahl begangen und einen Securitas-Wächter, der ihn verfolgte, verletzt. [...] Rinaldi - wurde nur bedingt verurteilt und nicht des Landes verwiesen, obwohl er einen Menschen getötet hatte."
Ernst Ostertag, September 2005
Quellenverweise
- 1
Der Kreis, Nr. 5/1959, Seite 10
- 2
Der Kreis, Nr. 7/1959, Seite 16