Durchschnittsbürger

Als Angestellter der Swissair war Ernst Rusterholz in der damaligen Abfertigungsabteilung im Hauptbahnhof Zürich beschäftigt und wohnte in einem Haus mit 32 Appartements an der Nüschelerstrasse. Arbeitskolleginnen gaben einem Reporter der Zürcher Woche Auskunft:1

"Früher fertigte Rusterholz Passagiere und Gepäck ab, die mit den Autobussen nach Kloten gebracht wurden. Seit einiger Zeit bediente er jedoch den Fernschreiber im Schalterraum. Er übermittelte Passagierlisten telegrafisch nach Kloten. Dass er homosexuell veranlagt war, war uns bekannt. Man sprach auch davon, er habe von seiner Mutter ein Vermögen geerbt. Er war immer gut bei Kasse und besass einen Vauxhall-Wagen."

Karl, ein Abonnent des Kreis, der mit Ernst Rusterholz bekannt war, schilderte ihn später im Gespräch als zurückhaltend, stets gut angezogen, nachts öfter unterwegs an gewissen Treffpunkten, meist WC-Anlagen. Karl war es denn auch, der die entscheidenden Hinweise für die Polizei lieferte.

Über dieses zweite Opfer ist darüber hinaus weiter nichts bekannt. Rusterholz war ein Durchschnittsbürger - mit einem sorgfältig verborgenen Teil seines Wesens. Und diesen Teil lebte er entsprechend verborgen aus, wie es viele andere Leute auch taten. Ihm aber wurde das zum Verhängnis.

Ernst Ostertag, September 2005

Quellenverweise
1

Zürcher Woche, Nr.1/1958