1963

Reaktionen

... auf Marcel Becks Anwürfe

Herr Professor Beck dozierte im Republikaner kurz und klar, was von Homosexuellen zu denken ist und wie sich die Betroffenen zu benehmen haben, um schicklich verborgen in demütiger Stille möglichst am Rand ihrer ehrbaren Familien und der sie umgebenden Gesellschaft ihre Existenz zu fristen - oder noch besser irgendwo im Exil.

Wer vor der Abstimmung zum Partnerschaftsgesetz vom 5. Juni 2005 mit Gegnern der Vorlage lange und eingehend genug diskutierte, hörte nach Zerpflücken der juristischen, religiösen oder gesellschaftspolitischen "Argumente" zum Schluss Formulierungen, die jenen von Prof. Beck glichen. Und als Grund für das Nein blieb ihnen die Scham vor "so etwas". Daran werden sich die Geister wohl immer scheiden.

Der Kreis antwortete mit Zitaten von Wissenschaftern1 und brachte einen Leserbrief aus dem Volksrecht vom 18. Oktober:2

"Wie lange noch Scheuklappen?

Anfang Juli [...] rief ein besorgter Interpellant im Kantonsrat wieder einmal zu schärferem Kampf gegen die Unsittlichkeit [...] auf. Aber nicht durch die Scharen der in unserer bordellfreien kleinen Grossstadt 'marschierenden Damen' sah der Ratsherr unsere Sittlichkeit bedroht, sondern ausschliesslich durch Wirtschaftslokale, 'die als Treffpunkte Homosexueller [...] gelten'. [...]

Wollen wir wirklich weiterhin die Augen vor der Tatsache verschliessen, dass [...] 2 bis 4 Prozent aller Menschen, das heisst 9'000 bis 18'000 Einwohner unserer Stadt, aus Veranlagung Homosexuelle sind? [...]

Unsere Behörden sollten endlich den Mut aufbringen, offen zu sagen, dass es ihnen lieber ist, wenn sich Homosexuelle - selbst in einem der Stadt gehörenden Haus - in geschlossener Gesellschaft zusammenfinden, als dass sie im Dunkel der Nacht, in zweifelhaften Lokalen um die Gunst oft gefährlicher käuflicher Gesellen buhlen! [...]"

Ernst Ostertag, November 2005

Quellenverweise
1

Der Kreis, Nr. 8/1963

2

Der Kreis, Nr. 11/1963, Seite 12. Nachdruck eines Leserbriefes aus dem Volksrecht vom 18. Oktober 1963