1971

Club Zabi

Gründung: 12. Mai 1971

Michael Bermann erinnert sich:1

"Angefangen hat alles um den Jahreswechsel 1970/71 mit drei schwulen Chemiestudenten (Thomas A., Isidor Erni und ich), die sich zufällig im 'Schwarzen Kater' 4 begegnet sind. Darauf haben wir beschlossen, einen Club für mitschwule Studenten zu eröffnen - und ich wollte politische schwule Öffentlichkeitsarbeit machen (Slogan: Lila ist die Farbe des Regenbogens, Schwestern, die Farbe der Befreiung ist rot!). Wir haben dann zuerst einmal ganz verschämt A3-Plakate aufgehängt: aber ohne die Zabi-Adresse, nur Postfach - und Mund-zu-Ohr-Propaganda. Weil ja jeder ein paar schwule Studenten kannte."

In ergänzenden Berichten vom März/April 2011 schrieb Thomas A. unter anderem:

"Zunächst wäre zu sagen, dass nebst mir Isidor Erni und Toni S. (ein Altphilologe) - und nicht Michael Bermann - die eigentlichen, amtlich gemeldeten Gründer des Vereins waren. Isidor war der Inhaber des Postfachs. Als [...] Anfragen der Sittenpolizei sowie der Gewerbepolizei kamen, habe ich die entsprechenden Kontakte allein wahrgenommen. Aufgrund einer Anregung von Toni S. bin ich auf den SSR-Keller gestossen (später 'Zabriskie Point' genannt; SSR = Schweizerischer Studentenreisedienst).

Den Club [...] betrieb ich anfänglich praktisch alleine, wenn auch unter Mithilfe enger Freunde. [...] Ich machte nicht nur das Plakat, [...] setzte meinen Plattenspieler mit Mischpult sowie meine eigenen Platten ein, ich bediente sie auch. [...]

Bemerkenswert am Plakat ist wohl die Verwendung der Geschlechtersymbole, welche ich meines Wissens als erster für einen emanzipatorischen Zweck eingesetzt hatte. Darin kommt allerdings die damalige, wohl etwas zu einfache Sicht der Verhältnisse zum Ausdruck. Erwähnenswert scheint mir auch eine [...] Grundsatzdiskussion im Vorstand, wo wir trotz gewisser Bedenken beschlossen, uns 'schwul' und nicht etwa 'homophil' zu nennen. [...]"

In seinen Erinnerungen fuhr Michael Bermann fort:

"Der 12. Mai 1971 könnte als Premierendatum stimmen. Der Zustrom war überraschend gross - unter anderen kamen auch die Leute von der Hofwiesenstrasse mit Anhang."

Die Leute von der Hofwiesenstrasse 18 waren Heinrich (Heini) Jung und seine Mitbewohner der Studenten-WG und deren Freunde:2 Walter Kuhn, Martin Jäggi, David Szimek und Niklaus Grab. Eine erste handgeschriebene Mitgliederkarte ist noch in Heinis Besitz. Sie war sechs Monate gültig mit Stempel "Zabriskie Point". Sie sei am offiziellen Eröffnungstag ausgestellt worden. Über sich selber schrieb Heini:

"Ich war übrigens früher (1968/69) Präsident des GSTR (Grosser Studentenrat der Universität Zürich), der Legislative der Uni-Studenten. Dann war ich für zwei Jahre in den USA an der Uni und habe in San Francisco an der Universität von Berkeley an der 'Gay Liberation' teilgenommen. Ich war also - wie wir alle - voll präpariert, um auf diesen Zug aufzuspringen. [...] Wir kannten natürlich die SOH und den club68, waren aber als Aktivisten der Gay Liberation damals strikt in Konkurrenz und haben uns distanziert."

Dazu fügte Walter Kuhn an:3

"Im Sommer 1970 bist du aus den USA zurückgekehrt, hast im Oktober das Zimmer in der WG Hofwiesenstrasse 18 bezogen und im Januar einen militärischen Nahkampfkurs (freiwillig) absolviert."

Michael Bermann über den Eröffnungsabend:

"Schon an diesem ersten Zabi-Abend gab es die Diskussion zwischen denen, die nur tanzen wollten (Fraktion Thomas A. als Discjockey) und den 'Politschwestern'. Ich war in Amsterdam im COC schwulenbewegt geworden und im VSETH (Verband der Studierenden an der ETH) aktiv."

Walter Kuhn zum Zabi:

"Aus ein paar ungeordneten und unvollständigen Unterlagen aus der frühesten HAZ-Zeit weiss ich, dass die erste Generalversammlung des Vereins 'Kontaktforum Zabriskie Point' am 13. Juni 1971 im Psychologischen Seminar der Uni stattfand. In den Vorstand gewählt wurden damals: Martin Jäggi, Michael Bermann, Niklaus Grab, Thomas A. und ich."

Nach seinen eigenen Angaben war auch Heini Jung im Vorstand. An der GV vom 13. Juni wurden zudem die Statuten des neuen Vereins angenommen, wobei man sich auf den definitiven Namen "Zabriskie Club und Verein Kontaktforum" einigte. Das war der Kompromiss zwischen den an Geselligkeit und Tanz Interessierten und den politisch Aktiven. Es war allen klar, dass es beides brauchte.

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Ernst Ostertag, September 2006

Quellenverweise
1

Michael Bermann in einer Mail an Ernst Ostertag vom 2. September 2002

2

Heinrich Jung in einer Mail an Ernst Ostertag vom 3. September 2002

3

Walter Kuhn in einer Mail an Ernst Ostertag vom 2. September 2002

Anmerkungen
4

damals ein einschlägiges Lokal und Hotel im äusseren Seefeld, Zürich