1978
Offener Brief
… an den Polizeivorstand
An seiner Sitzung vom 3. November konnte der SOH-Vorstand (Schweizerische Organisation der Homophilen) den Abschluss der Unterschriftensammlung bekannt geben: Es sind 5'470 Unterschriften zusammengekommen. Die Petition werde in der Woche vom 13. bis 18. November an Stadtrat Frick übergeben und auf den 13. November sei eine Pressekonferenz angesagt.
Die HAZ (Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich), welche auch im Namen von SOH und HFG (Homosexuelle Frauengruppe Zürich) auftraten, richteten ein Schreiben an den Polizeivorstand Stadtrat Frick1 und erwähnten darin, es sei mit dessen Sekretärin vereinbart worden, dass die Einreichung der Petition am 14. November um 11 Uhr in seinem Büro erfolge. Dabei
"nehmen unsererseits je zwei Mitglieder der drei Organisationen teil und über eine eventuelle Teilnahme von Presse, Radio, Fernsehen werden wir Sie spätestens am Montag, den 13. Nov. orientieren. Wir halten auf jeden Fall eine spezielle Orientierung für die Presse bereits am [...] 13. Nov. ab. Verantwortlich für die Einreichung ist unsererseits: Heinrich Jung."
Gleichzeitig mit der Übergabe der Petition, also am 14. November 1978, versandten die drei Organisationen auch einen Offenen Brief an Stadtrat Hans Frick:
"[...] Ihre Polizei - unsere Polizei - führt ein Register über Homosexuelle. Sie wissen es, Sie dulden es als Politiker und bejahen es als Vorstand der Polizei.
Wir Homosexuellen der Homosexuellen Arbeitsgruppen Zürich (HAZ), der Schweizerischen Organisation der Homophilen (SOH) und der Homosexuellen Frauengruppe Zürich (HFG) und mit uns 5'470 Zürcherinnen und Zürcher wissen es auch und dulden es nicht und verlangen deshalb die Abschaffung und Vernichtung des Registers.
Für Sie ist das Register ein Hilfs- und Arbeitsmittel. Wir bezeichnen es als Druckmittel. Sie lassen unbescholtene Bürger unter dem Vermerk 'homosexuell' registrieren. Ihre Beamten sagen dazu 'HS' und entscheiden 'nach Ermessen', wer registriert wird. Wir behaupten deshalb, dass das Register nach moralischen Gesichtspunkten geführt wird. [...]
Ihre Rechtsgrundlage für das Führen des Registers sind gewisse Paragraphen und Beschlüsse. Wir sagen, das genügt nicht. In den nächsten Jahren führen Sie den zentralen Polizeicomputer (KIS) in Bern ein. Er wird die Registrierung vereinfachen. Wir fürchten uns davor. Nicht mehr nur 'auf Anfrage', sondern automatisch wird er uns als 'HS' etikettieren.
Wir werden unseren Kampf gegen das Homosexuellen-Register mit allen politischen Mitteln fortsetzen, denn wir lassen uns als unbescholtene Bürger nicht einfach deshalb in einer Kartei registrieren, weil wir homosexuell sind. [...]"
Ernst Ostertag, Mai 2007
Quellenverweise
- 1
datiert vom 5. November 1978