1978

Übergabe der Petition

Ein Erfolg, aber nicht ganz

Zur Übergabe der Petition berichtete Jürg Wehrli im hey:1

"Am Dienstag, 14. November [...] sprachen wir drei Organisationen mit insgesamt sieben Vertretern bei Stadtrat Frick vor und überreichten ihm die Petition [...] zusammen mit dem Offenen Brief. In der nachfolgenden Unterredung wies auch Frick auf die unglückliche Situation der Homosexuellen-Registrierung hin. Er eröffnete zu unserem Erstaunen, dass zuständige Beamte der Polizei bereits die Anweisung erhalten hätten, sämtliche Homosexuellen, die nicht im Zusammenhang mit einem Verbrechen registriert worden seien, aus der Kartei zu entfernen. Die Beamten seien in diesem Sinn bereits tätig geworden und führten eine eigentliche Durchkämmaktion durch.

Unsererseits wurde dann betont, wir bestünden auf der Vernichtung sämtlicher Einträge, denn alle verbleibenden Fälle (Verbrechen) könnten in den gewöhnlichen Registern ohne den Vermerk 'HS' aufgeführt werden. Das Zentralstrafregister in Bern würde dabei völlig genügen.

Am Dienstagabend gleichentags wurde in der Fernsehsendung 'Blickpunkt' [...] ausführlich über das Register informiert (Einleitung, Fallbeispiel, Pressekonferenz, Interview Polizei, Kurzinterview mit HAZ-Vertreter). Nach dieser Sendung war uns sofort klar, warum Frick die am Vormittag erwähnte Durchkämmaktion angeordnet hatte. Der Kripo-Sprecher Gottlieb Baumeler äusserte nämlich im Interview, dass nur Personen eingetragen seien, die sich eines Verbrechens schuldig gemacht hätten. Dies steht im klaren Widerspruch mit den vorliegenden Tatsachen und ist schlicht unwahr. Deshalb also Frick's Blitzaktion. Stadtrat Frick hat uns im übrigen auf ca. Anfang 1979 eine Antwort auf die Petition versprochen. Wir warten gespannt; nicht nur auf seine Antwort."

Das wiederum dreigleisige Vorgehen: Petition als Instrument der Betroffenen, Interpellation als Werkzeug der Politik (der SP) und Reaktionen in der Tagespresse (TA und NZZ) hatte den Polizeivorstand und seine Polizei in die Knie gezwungen und zur Nacht- und Nebelaktion der Vernichtung von Karteikarten unbescholtener Bürger gebracht. Damit war das Homo-Register als solches aber noch nicht eliminiert. Das hatte noch zu geschehen und zugleich musste der Polizeivorstand die Aufhebung und Vernichtung hochoffiziell der Öffentlichkeit mitteilen, auf dass nicht irgendwann in späteren Zeiten doch wieder auf "Registrierte" zurückgegriffen werden konnte.

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Ernst Ostertag, Mai 2007

Quellenverweise
1

hey, Nr. 12/1978, Seite 18 und 19