1990
Meldesystem aufgeflogen
Berichte, Kommentare
Aufgeflogen ist diese Praxis durch einen Artikel in der Berner Zeitung BZ vom 26. April 1990:
"Die Berner Kantonspolizei führt eine Kartei mit Meldekarten für Dirnen sowie für Strichjungen und Schwule. [...] Bis gestern wussten der kantonale Datenschutzbeauftragte, Urs Belser, sowie Polizeidirektor Benjamin Hofstetter (GFL, Grüne Freie Liste, seit 1986 im Amt) nichts von der Dirnen- und Schwulenkartei, auf deren Existenz die BZ mit einem anonymen Schreiben aufmerksam gemacht worden war. [...]"
Die BZ fügte einen farbigen Abdruck der Meldekarten bei samt einem Kommentar von Otto Zutter unter dem Titel "Perfid". Daraus den Satz:
"Die Schwulen- und Dirnenkartei [...] wurde bis gestern nachgeführt."
Aus den Unterlagen von "Bern giggerig" (spezieller Stadtrundgang):
"Noch im Februar hatte die Polizei die Existenz weiterer Karteien abgestritten."
Die BZ ergänzte:1
"[...] Empört haben gestern Organisationen der Homosexuellen reagiert. [...] 'Nicht die Liebe zwischen Männern gehört an den Pranger gestellt, sondern das Verhalten von Beamten, die sich mit dieser Liebe nicht abfinden können', schreiben die Homosexuellen Arbeitsgruppen Bern (HAB) in einer Pressemitteilung und verlangen die sofortige Abschaffung der Homo-Kartei. Und weiter heisst es: 'Die menschenunwürdige, undemokratische und schwulenfeindliche Haltung, die die für die Registrierung verantwortlichen Behörden an den Tag legen, kommt nicht allein im Umstand der Registrierung, sondern insbesondere auch in der Ausgestaltung der [...] Meldeformulare zum Ausdruck.' [...]"
Ernst Ostertag, Juni 2007
Quellenverweise
- 1
Berner Zeitung BZ vom 27. April 1990, S.25