1979/1980

Abschaffung!

Reaktionen in der Presse

Der weitere Verlauf zeigt sich im Spiegel der Presse. Die Berner Zeitung BZ setzte den Titel "3160 Berner gaben Solidaritätserklärung ab":1

"[...] Der Adressat, an welchen sich die 25 Unterschriftenbogen richteten, Polizeidirektor und Gemeinderat Fritz Augstburger, war verhindert (!) und liess den feierlich in rosa gehüllten Papierstoss durch seine Sekretärin annehmen. Zur Übergabe fanden sich etwa zehn Mitglieder der HAB ein. [...] Das polemische Gegenstück2 der HAB (Homosexuelle Arbeitsgruppen Bern) besagt, dass laut Berichten über das Verhalten von Polizisten gegenüber Homosexuellen eine klare schwulenfeindliche Einstellung zutage trat. [...]"

In einem Kasten war diesem Bericht zur Petitionsübergabe noch ein Gespräch der BZ mit Polizeikommandant und Fürsprecher Otto W. Christen unter dem Titel "Es gibt kein Homo-Register" beigefügt:

"[...] Christen: Ich kann nur wiederholen, was wir schon unzählige Male gesagt haben: Die Stadtpolizei Bern führt kein Homosexuellenregister. [...]

BZ: Trotzdem, heute gibt es Spannungen…

Christen: Ich führe dies darauf zurück, dass das Problem der Registratur Homosexueller von Zürich nach Bern 'importiert' wurde. Fälschlicherweise zogen dann die Verantwortlichen der HAB einen unzutreffenden Analogieschluss. [...]"

Ein Jahr später tönte es aber anders. Am 14. Juni 1980 schrieb Der Bund zur endgültigen Antwort Augstburgers an die HAB und zur Petition:

"Die Eintragungen sollen entfernt werden

[...] In sechs Punkten erklärt Augstburger den Petitionären die neue Praxis. Danach sollen in der polizeilichen Registratur Vermerke über Homosexualität nur noch bei homosexuellen Sexualdelinquenten angebracht werden. In allen anderen Fällen sind derartige Registraturvermerke nicht mehr statthaft. Zudem sollen bereits bestehende Vermerke in Karteien 'im Rahmen der Überarbeitung des Polizeiregisters sukzessive entfernt werden', heisst es im Antwortschreiben, das gestern an einer Pressekonferenz der HAB verteilt wurde."

Die Berner Zeitung BZ vom 14. Juni 1980 titelte

"Homosexuellen-'Kartei' existiert nicht mehr, Schwule vollauf befriedigt:

[...] Bestehende Registereintragungen sollen im Rahmen der Überarbeitung des Polizeiregisters - diese findet laut der HAB alle zwei Jahre statt - entfernt werden. [...]

Die HAB meint: 'Jede Kartei, in der Homosexualität als Merkmal aufgeführt wird, ist für uns eine Schwulenkartei', denn diese Daten, wo immer sie auch gespeichert würden, könnten jederzeit und ohne grossen Aufwand zu einem eigenständigen Homosexuellenregister zusammengestellt werden. [...]"

Im Tages-Anzeiger (Zürich) hiess es am 18. Juni 1980:

"Der Polizeidirektor der Stadt Bern hat [...] einer Petition der homosexuellen Arbeitsgruppen Bern voll entsprochen: Homosexualität soll in den polizeilichen Registern künftig nicht mehr vermerkt werden [...]. Damit folgt die Berner Polizei dem Zürcher Beispiel. [...]

Die HAB erklärt in einem Communiqué, sie freue sich darüber, dass nach Zürich nun auch Bern die diskriminierenden und unnützen Registrierungen beende. Dieser Erfolg sei dem aktiven Zusammenschluss von Schwulen zu verdanken, [...].

Man hoffe, dass auch die anderen Städte der Schweiz diesem Beispiel folgen würden. In Basel sei eine Unterschriftensammlung für eine entsprechende Petition im Gange. [...]"

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Ernst Ostertag, Juni 2007

Quellenverweise
1

Berner Zeitung BZ vom 12. Dezember 1979

Anmerkungen
2

zum vorangehend zitierten Brief Augstburgers vom 29.6.1979