1991

Vernichtung

Bitterer Nachgeschmack

Die Vernichtung teilte der Kommandant der Kantonspolizei, Herbert Böhlen, den HAB am 1. Februar 1991 mit:

"[...] Wir kommen zurück auf unser Schreiben vom 12. Juli und unsere Pressekonferenz vom 13. Juli 1990. Wie damals angekündigt, haben wir in der Zwischenzeit, d.h. nach Ablauf der ungenutzt gebliebenen Beschwerdemöglichkeit gegen die Verfügung des Polizeidirektors [...] vom 19. Dezember 1990, sämtliche Registerkarten obgenannter Kartei, mit Ausnahme jener des Anfangsbuchstabens 'B', im Beisein des Datenschutzbeauftragten [...] vollumfänglich vernichtet. Einen Teil der Kartei, eben jenen mit dem Anfangsbuchstaben 'B', erachtete der Staatsarchivar [...] als erhaltungswürdig. Aus diesem Grund wurden die entsprechenden Karteikarten in anonymisierter Form, d.h. ohne Namen und Adressen, im Staatsarchiv eingelagert. [...]"

Tags darauf berichtete Der Bund, Bern, in seiner Ausgabe Nr. 29 von der Vernichtung der "Homo- und Prostituiertenregister" und fügte bei, dass beim Datenschutzbeauftragten insgesamt 32 Einsichtsgesuche eingegangen seien, 29 davon betreffend das Homo-Register, wobei nur zwei dort wirklich verzeichnet gewesen seien. Diese Homosexuellen "erhielten vollumfängliche Einsicht".

Demnach hatten sich Polizei und Datenschutzbeauftragter gemeinsam durchgesetzt, dass die Geschädigten nicht automatisch benachrichtigt würden, sondern den Wunsch auf Einsicht selber per Gesuch beim Datenschutz stellen mussten. Das hiess doch, dass jeder Schwule, der einmal von einem Polizisten irgendwo "entdeckt" worden war, sich beim Datenschutzbeauftragten outen und ihn anfragen musste, ob eventuell eine Fiche von ihm existiere. Wer tut so etwas? Im Wissen, dass dem beschämenden Spiel nun (hoffentlich) ein endgültiges Ende gesetzt wurde? Im Wissen: Schwamm drüber und still sein!

Einen "Schlussbericht Fichen KaPo Bern" verfasste Jürg Wehrli am 7. Mai 1991:

"Das Schwulenregister ist abgeschafft [...]. Weder Kantonspolizei noch Datenschutzbeauftragter hatten grosse Lust, an der Aufarbeitung dieses Sumpfes teilzunehmen. Die ersten in einer Mischung aus Geniertheit und Machtdemonstration, der zweite aus angeblicher Arbeitsüberlastung und einer Portion Berner Beamtenarroganz. Ich hätte noch gerne die diversen Widersprüche, die sich aus den Protokollaussagen ergaben, medial aufbereiten wollen, doch seitens der Vertreter der HAB und des Ursus Club (letzterer franste sowieso immer mehr aus) war keine grosse Lust mehr zu verspüren, sich zu engagieren. Eine Solonummer halte ich für wenig sinnvoll.

So bleibt es halt dabei.

Alles Gute."

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Ernst Ostertag, Juni 2007