1973/1974
Grundsatzerklärung
Ursachen und Ziele
Eine "Grundsatzerklärung der HAB in 13 Punkten" publizierte das HAZinfo vom Juni 1974.1 Die Erklärung war das Ergebnis monatelanger Diskussionen in allen Arbeitsgruppen. Walser berichtete darüber:2
"In der Mitteilung über die Vollversammlung vom 10. Oktober 1973 wurde [...] vor der Gefahr der inneren Erschlaffung [...] gewarnt: Passivität und Resignation sind kennzeichnende Merkmale des Verhaltens Homosexueller beiderlei Geschlechts. Das führt meistens zu einer weitgehend konsumorientierten Haltung. [...] Bewusst oder unbewusst empfindet man den anderen nur als Rivalen im Kampf um einen Partner, oder man hat es längst aufgegeben, überhaupt noch an die Möglichkeit einer dauerhaften Partnerschaft zu glauben. [...] Als Ziel nannte Hansruedi Huwiler: 'Wichtigstes Anliegen der HAB ist, ihren Mitgliedern Selbstbewusstsein zu vermitteln.' [...]
Seit Jahresmitte 1974 entstanden in den HAB richtige Selbsterfahrungsgruppen, in der Folge viele Monate lang regelmässig tagend [...]. Das Hauptziel bestand in der Einübung von Angstbefreiung. Am 8. Mai 1974 hielt die Vollversammlung zu Zweck und Ziel von Gesprächs- und Selbsterfahrungsgruppen fest: [...] Förderung der Gruppenmitglieder durch interne Schulung; Hinaustragen der Arbeit nach aussen, [...]."
Das HAZinfo vom Juni 1974 erwähnte, dass ein erstes HAB-Info im Mai 1974 erschien, vermutlich nach dieser Vollversammlung.3
Im Entwurf der Grundsatzerklärung von 1973 stand noch, was dann für die Endfassung gestrichen wurde:
"Damit jeder Mensch seine individuelle Persönlichkeit voll entfalten kann, muss er sich vorher seiner selbst bewusst werden. Dazu ist Freiheit von gesellschaftlichem Druck und innerer Angst erforderlich. Nur unter diesen Bedingungen kann der Mensch seine Egoismen abbauen. [...] Erst dann ist er fähig, seine schöpferische Kraft selbstbewusst und gesellschaftsbezogen zugleich zu entfalten. [...]"4
Die Grundsatzerklärung von 1974, Auszug:5
Homosexualität ist von der Gesellschaft nicht als vollwertige zwischenmenschliche Beziehung anerkannt.
Homosexualität wird erst durch die gesellschaftlichen Bedingungen zu einem Problem.
Die Unterdrückung der Homosexualität kann nicht isoliert, sondern muss im Zusammenhang mit der allgemeinen Unterdrückung der Sexualität betrachtet werden.
Die Sexualunterdrückung ihrerseits hat gesellschaftliche Ursachen und Funktionen.
Es ist Aufgabe der HAB, diese Unterdrückung und deren Folgen im gesellschaftlichen, subkulturellen und individuellen Bereich aufzuzeigen und ihre Zusammenhänge bewusst zu machen.
Durch das Besprechen gemeinsamer Probleme und Erfahrungen und deren Hintergründe soll das Selbstbewusstsein der Homosexuellen gestärkt werden.
Langfristiges Ziel der HAB ist eine echte sexuelle Befreiung aller, die Aufhebung der Isolation des Homosexuellen und der homosexuellen Subkultur und deren Integration in eine Gesellschaft, in der es keine Unterdrückung mehr gibt.
Ernst Ostertag, Oktober 2006
Quellenverweise
- 1
HAZinfo, Nr. 9/1974, Seiten 30 und 31
- 2
Erasmus Walser, Unentwegt emanzipatorisch, Vereinsgeschichte 20 Jahre HAB, 1992, Seite 8
- 3
HAZinfo, Nr. 9/1974, Seite 29
- 4
Erasmus Walser, Unentwegt emanzipatorisch, Vereinsgeschichte 20 Jahre HAB, 1992, Seiten 6 und 7
- 5
HAZinfo, Nr. 9/1974