1972/1973

Vereinigte HA-Gruppen!

Eine Strategie

Zwei Zitate zur schwulen Selbstfindungs-Strategie:

"Um der Selbstverleugnung zu entgehen, bleibe dem Schwulen keine andere Wahl, als sich gegen die herrschende Moral aufzulehnen. Die 'typische Schwester oder Tunte' widersetze sich dieser Moral und sei daher - obwohl sie dies unbewusst mache - ehrlicher und konsequenter als derjenige Schwule, der krampfhaft versuche, einen 'normalen männlichen Mann' darzustellen."

"Ziel der Selbstfindung sollte es sein, den Schwulen aus seinem Doppelleben - gut bürgerliche Fassade einerseits, 'Homosexuellen-Ghetto' andererseits - zu befreien und ihm sein Coming-out, sein öffentliches Bekennen zur Homosexualität zu ermöglichen. Erst die Überwindung dieses Doppellebens, dieser 'Sackgasse der Emanzipation' würde es erlauben, die sexuellen Beziehungen in den Alltag zu integrieren."1

Die Vereinigung aller HA-Gruppen in der HACH war die logische Folge dieser Strategie. Sie wurde von Beginn weg angepeilt, was Äusserungen in den ersten HAZinfos beweisen.2

Allerdings wollte man sich von einer Dachorganisation nicht einengen oder gar bevormunden lassen. Man sah ein lockeres Forum von Zusammenkünften mit gegenseitigen Absprachen unter gleichberechtigten Unabhängigen als ideale Form. Die drei HA-Gruppen Basel, Bern und St. Gallen waren zahlenmässig noch schwach und sowohl in ihrer Zusammensetzung als auch vom Umfeld her nicht mit Zürich gleichzusetzen.

Es galt, gemeinsame Ziele zu formulieren und Wege zu finden, um das Hauptanliegen, eine gesellschaftliche Revolution und die damit einhergehende Schwulenbefreiung, zu verwirklichen. Das war einer HA-Gruppe für sich allein nicht möglich. Auch nicht der HACH allein.

Ernst Ostertag, November 2006

Weiterführende Links intern

zur Schwulensituation

Quellenverweise
1

Beide Zitate beziehen sich auf Äusserungen im anderschume (Obelix), 1977 und der HAZinfo Nr. 2, August 1972 und sind der Lizentiatsarbeit von Beat Gerber entnommen. Lila ist die Farbe des Regenbogens, Schwestern, die Farbe der Befreiung ist rot. Die Homosexuellen Arbeitsgruppen der Schweiz (HACH) von 1974-1995, Edition Soziothek, Köniz (BE), 1998, Seite 47 und 48. Beat Gerbers wichtige Arbeit ist vergriffen. Es soll noch öfter daraus zitiert werden, stets unter Gerber

2

Siehe auch die Berichte über die Gründung, beispielsweise zur Schwulensituation