1978

Flugblattaktion

Was Ho­mo­se­xu­el­le sind

Anfang 1978 be­schloss die HASG den Versuch zu wagen, mit einem Flug­blatt Leute auf der Strasse an­zu­spre­chen und auf die Probleme ho­mo­se­xu­el­ler Mit­men­schen auf­merk­sam zu machen.

Am 9. Januar sandte B.A. (an­ony­mi­siert) im Namen der HASG ein Gesuch an die Ge­wer­be­po­li­zei und erhielt am 12. Januar die Be­wil­li­gung zum

"Auf­stel­len eines In­for­ma­ti­ons­stan­des [...] am 14. Januar, 4. Februar, 4. März und 1. April 1978 [...] unter fol­gen­den Be­din­gun­gen:

  • Die Bewilligung beschränkt sich auf die Abgabe des (uns) vorgezeigten Flugblattes 'Homosexuelle aber…', den Verkauf von Brötchen und die persönliche Information der Passanten.
  • Jegliche Aufdringlichkeit ist zu unterlassen [...]."

Aus dem Wortlaut des Flug­blat­tes:

"Haben Sie gemerkt, dass die Leute, die Ihnen dieses Flug­blatt verteilt haben, alle sehr feminin sind? Haben Sie es nicht gemerkt, dann gra­tu­lie­ren wir Ihnen: Sie haben ein Vor­ur­teil gegen Schwule weniger … denn wir sind schwul !!!

Homosexuelle aber

sind nicht pervers. sondern ganz einfach Menschen, die als Frauen Frauen lieben und als Männer zu Männern zärtlich sein wollen.

Homosexuelle aber

sind nicht als kleine Mädchen oder Buben vom bösen Mann verführt worden. Wie sie ho­mo­se­xu­ell geworden sind, ist bis heute nicht geklärt: Umwelt, Er­zie­hung, Ver­an­la­gung: alles spielt mit.

Homosexuelle aber

[...] findet man in allen Berufen, allen sozialen Schich­ten und in allen Kulturen.

Homosexuelle aber

sind auch nicht krank, gehören nicht zum Psych­ia­ter. Ho­mo­se­xu­el­le leiden höchs­tens, weil die Ge­sell­schaft sie un­ter­drückt, sie ver­spot­tet, sie als Aus­sen­sei­ter ab­stem­pelt.

Homosexuelle aber

sind nicht gleich­be­rech­tigt, auch vom Gesetz her nicht, [...]. Wird man denn wirklich erst mit 20 Jahren schwul?

Die homosexuelle

Ar­beits­grup­pe St. Gallen kämpft gegen all die Vor­ur­tei­le und Dis­kri­mi­nie­run­gen, indem sie

  • Homosexuelle zu aktivieren versucht, aus dem Versteck der Angst hervorzutreten, sich mit Freunden, Familien und Kollegen über ihre Situation zu unterhalten.
  • Versucht, die Bevölkerung über die Homosexualität aufzuklären. [...]
  • Eltern dazu bewegen möchte, ihre homosexuellen Kinder zu akzeptieren, sie zu unterstützen, statt sie auszuschliessen.
  • Sich für eine Gesetzesänderung einsetzt: [...] Das Schutzalter soll für Hetero- und Homosexuelle gleich angesetzt werden."

Ernst Ostertag, November 2006