1974

Strafrechtsrevision

… stets dieselben Gegner

Nachdem die eidgenössische Expertenkommission für die Revision des StGB zwecks Stellungnahme an die HAZ gelangt war, sandte diese am 14. November 1974 ein Schreiben nach Bern, worin gleiches Schutzalter, Abschaffung des Begriffs Verführung und Gleichstellung der männlichen mit der weiblichen Prostitution gefordert wurde.

Bei diesen Forderungen handelte es sich genau um jene Punkte, die bei der Verabschiedung des StGB durch die Eidgenössischen Räte am 1. Dezember 1937 und in den Debatten davor von kirchlich gebundenen Menschen und Gruppierungen beider Konfessionen und von anderen gesellschaftskonservativen Kreisen eingebracht und schliesslich als Kompromisse dem StGB hinzugefügt worden sind: Ungleiches Schutzalter, Verbot der männlichen Prostitution, "Verführung" Minderjähriger als Straftat.

Reformbewusste Politiker hatten sie schon damals klar abgelehnt mit der Begründung, sie seien irrational und juristisch unhaltbar. Die zahllosen unschuldigen Opfer (auch Suizid-Opfer) dieser Zusätze, die unter anderem jede Form der Erpressung förderten, gehen zu Lasten jener Leute, die ideologisch statt juristisch dachten und sich von ihren diversen "Credos" statt von menschenrechtlichen Überlegungen beeinflussen liessen.

Die Reform des Sexualstrafrechts trat erst 1992 in Kraft - nach einer Volksabstimmung am 17. Mai 1992. Dieselben Kreise und politischen Parteien hatten mit denselben "Argumenten" wie 1937 das Referendum zustande gebracht. Diesmal unterlagen sie deutlich mit 27% gegen 73%.

Ernst Ostertag, Juli 2006