Intervention

Sittenpolizei, erste Aussprache mit der HAZ, neues Lokal

Zwischenfall bei der Sitte, wegen erigiertem Glied in der Beilage von Heft 4: Durch einen Lapsus beim Versand kam diese nur für Mitglieder gedachte Beilage in jenes Heft, das an die Sittenpolizei ging. Und ausgerechnet auf dieser Ausgabe zeigten die Innenseiten drei Bilder eines jungen Mannes mit halb bis ein bisschen mehr aufgerichtetem Penis (was nachher nie wieder geschehen sollte). Guido Heuberger erinnert sich:1

"Da bekam ich einen Anruf der Sittenpolizei zu meinem Arbeitgeber, ich solle mich umgehend im Büro xy melden. Ich wusste nicht warum und nahm die Sache nicht so ernst. [...] Ich dachte schon, die hätten mich vergessen, da kam ein zweiter Anruf,

'was fällt Ihnen ein, jetzt erscheinen Sie unverzüglich, sonst werden wir Sie durch die Polizei abholen!'

Mit Herzklopfen und ungutem Gefühl ging ich hin und wurde forsch empfangen und behandelt. Man legte mir das Heft vor und forderte mich auf, das zu erklären:

'Was sehen Sie da? Wissen Sie nicht, dass so was verboten ist?'

Ich fand das übertrieben:

'Was habe ich damit zu tun? Ich bin nicht der Redaktor dieser Zeitschrift und ich denke, Sie hatten sicher auch schon ein erigiertes Glied. Und das soll verboten sein?'

Die Reaktion kam sofort:

'Was fällt Ihnen ein, eine so freche Antwort zu geben! Sie sind der Präsident dieses Vereins und damit sind Sie alleine verantwortlich, was in diesem Heft steht und abgebildet ist. Sollte nochmals so was vorkommen, werden Sie persönlich zur Rechenschaft gezogen.'

Ich fühlte mich so ziemlich eingeschüchtert und es war mir fortan nicht mehr ganz wohl dabei, Präsident der SOH zu sein. Heute ist mir längst klar, dass immer der Chef die Verantwortung trägt, aber damals war man noch jung und sah vieles mit anderen Augen."

Die Vorstandssitzung vom 7. Mai bestimmte drei Kontaktpersonen zur HAZ (Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich): Guido Heuberger, Erwin Scheiwiller und Karl-Robert Schmitz. Am 13. Juni kam es zu einer Aussprache, eingeladen hatte die HAZ. Zuvor war im hey2 ein längerer Bericht aus dem HAZinfo übernommen worden.3 Es ging um das "Milieu" als solches und seine Funktionen für den Einzelnen wie die Gesellschaft und über die daraus sich ergebenden Konsequenzen. Der Aussprache vom 13. Juni lagen vier Punkte zu Grunde:4

  • Abbau des gegenseitigen Misstrauens
  • Möglichkeiten dauernder gemeinsamer Kontakte
  • Gemeinsam interessierende Fragen
  • Strafrechtsreform

Nach der Schliessung des Conti-Clubs konnte im Restaurant Outpost beim Zoo ein Lokal gefunden werden, das sich zur Durchführung von gelegentlichen Disco-, Tanz- und Gesprächsabenden eignete. Schon die erste Zusammenkunft brachte mehr als hundert Teilnehmer auf den Zürichberg.

An seiner Sitzung vom 15. Oktober verabschiedete der Vorstand eine Pressemitteilung zur Überfremdungsinitiative der NA (Nationale Aktion, später Republikanische Bewegung):

"Der Vorstand der Schweizerischen Organisation der Homophilen [...] erkennt die Probleme der Überfremdung, kann jedoch die Initiative der NA schon aus rein menschlichen Gründen nicht unterstützen. Als soziale Minderheit fühlt er sich mit unseren ausländischen Arbeitskräften solidarisch."

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Ernst Ostertag, Juni 2006

Weiterführende Links intern

Überfremdungsinitiative, Plädoyer: Inhalt

Quellenverweise
1

Guido Heuberger in einer Mail vom 7. Juni 2006 an Ernst Ostertag und Röbi Rapp

2

hey, Nr. 5/1974, Seite 4 ff

3

HAZinfo, Nr. 8/1974

4

hey, Nr. 7/8/1974, Seite 3