1982

Bruch und Trennung

… im hey und SOH-Vorstand

Mitte September 1982 kam es zum offenen Bruch innerhalb des Vorstandes.

Der Grund war ein neues Konzept für die Zeitschrift. Eine Frau hatte es bereits im April für Erwin Scheiwiller ausgearbeitet. Danach sollte mehr Öffentlichkeit erreicht werden, indem hey das Organ aller Diskriminierten im Kampf um ihre Befreiung würde. Dazu gehörten nebst homosexuellen Männern in gleichem Masse auch Lesben und weitere Randgruppen wie Pädophile, Behinderte, Alte, Gastarbeiter, Frauen allgemein und "Bewegte" (Jugendbewegung, Friedensbewegung usw.). Das roch extrem nach einer Neuauflage der seinerzeit gescheiterten Zeitschrift Plädoyer.

An der Vorstandssitzung (VS) vom 4. Juni war eine Diskussion über dieses Konzept angesetzt. Es wurde mehrheitlich abgelehnt, nicht nur, weil ein Konzept à la Plädoyer die heutige Situation der Homosexuellen nicht verbessern könne und ins Leere laufe, ja kontraproduktiv wirken würde, sondern auch aus formalen Gründen, weil seine beiden Initianten es bereits vor der Sitzung veröffentlicht hatten. Dies erst noch "im Namen der Redaktion", obwohl die zwei nicht der Redaktion angehörten und auch nicht unterschriftsberechtigt, also Mitglieder der das hey herausgebenden und damit verantwortlichen Gesellschaft "Verlag Plädoyer" waren.

"hey ist kein gesellschaftspolitisches Magazin linker oder rechter Prägung, hey ist und bleibt das Organ der SOH und damit eine Zeitschrift, die sich an Homosexuelle wendet"

und

"der Vorstand erarbeitet innerhalb von zwei Monaten Richtlinien für die Redaktion",

so hatte es Jürg Wehrli bereits in seinen "Vorschlägen an den Vorstand" vom 1. Juni formuliert. Diese Vorschläge sollten die Basis für die Richtlinien und den Beschluss der VS vom 4. Juni bilden.

An der VS vom 21. August wurden diese Richtlinien in Kraft gesetzt. Verfasst hatten sie Carl Diethelm und Jürg Wehrli. Darauf trat Erwin Scheiwiller als Mitglied des Vorstandes und der SOH zurück. Auf dasselbe Datum, den 15. September, verliessen noch mehrere andere Aktivmitglieder die SOH, unter anderen Jost Schüpbach, Fred Eichenberger und Karl-Robert Schmitz.

Im Oktober erschien die erste Nummer des P.S. Magazin, das sich als Zeitschrift des Club HEY bezeichnete und inhaltlich dem Konzept vom April entsprach. Der Versand erfolgte an alle Mitglieder der SOH, was bewies, dass eine klare Verletzung der internen Bestimmungen über die strikte Geheimhaltung der Adresskartei vorlag. In der Folge weigerten sich die Verantwortlichen des Club HEY, eine Bürgschaft der SOH von 20'000 Franken zurückzuzahlen. Es kam zu mehreren Prozessen. Schliesslich blieben im Januar 1985 für die SOH rund 5'000 Franken Verlust stehen.

Im Jahresbericht 1982 des Präsidenten Marcel Ulmann, verfasst im April 1983, wurde festgehalten:

"Im Herbst kam es zum Eklat, bei dem ein Teil der Redaktion auf eine wenig feine Art auszog, um eine (seit langem vorbereitete) Zeitschrift [...] herauszugeben. [...]

Da sich der Hauptteil des Vorstandes und der Rest der Redaktion mit der Ausweitung auf neue Zielgruppen nicht einverstanden erklären konnte, kam es zum Bruch, und wir mussten in aller Hast und mit erheblichem Zeitaufwand alternative Produktionsmöglichkeiten finden. [...] Wir mussten einen berufsmässigen Grafiker engagieren. Es gelang, nicht nur die bestehende Leserschaft weitgehend zu behalten, sondern auch noch neue Abonnenten dazu zu gewinnen. [...]

Leider haben uns diese Diskussionen und Umstellungen sehr viel Zeit und Energie gekostet, die wir besser anderswo hätten einsetzen können. Dazu kamen noch die zahlreichen unberechtigten Forderungen [...]."

Zum Club HEY schrieb der Präsident unter anderem:

"Wir haben also kein eigenes Tanzlokal mehr in Zürich. Das seinerzeit gewährte Darlehen, das jahrelang in beiden Bilanzen mit Fr. 20'000 aufgeführt war, wurde unter nichtigen Vorwänden plötzlich auf 15'000 reduziert, und auch für diesen Betrag mussten wir vor Gericht gehen. Die Restforderung werden wir auch noch einklagen, da wir auf dieses Geld nicht einfach verzichten können."

Im hey 12/1982 ab S.4 wurde die ganze leidige Geschichte den Lesern sachlich und klar mitgeteilt, wozu sie als Mitglieder der SOH das Recht hatten, und in 5/1983, S.5 folgte noch ein Abgesang auf das bereits verstorbene P.S. Magazin.

Am Jahresende traf die auf den 31. März 1983 angesetzte Kündigung der SOH-Räume an der Winterthurerstrasse ein. Damit begann für die HAZ und die SOH die mühsame Suche nach einem neuen Domizil.

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Ernst Ostertag, April 2007