1972/1973
"Plädoyer"
Plädoyer für Minderheiten
"Plädoyer - Die Zeitung für Minderheiten" so hiess der volle Titel. Dieser mutige Versuch war ein Kind von Robert D. Abraham in Zusammenarbeit mit etlichen homo- wie heterosexuellen Autoren, die von Nummer zu Nummer wechseln konnten. Dazu gehörten Alwin Rickli, Charlotte Ilona Steurer, Sylvia Brotzer und André Roesch. Gelegentliche Mitarbeiter waren unter anderen Johannes Werres, Walter Boesch als Casper Kelt, Alice Gubser, Bert Jonas.
Alle waren progressiv und wollten Minderheiten und deren Ausgrenzung und Unterdrückung sichtbar machen, indem sie für Respekt und freie Meinungsäusserung eintraten. Die Homosexuellen und ihre Anliegen fanden zwar primären Platz, aber sie wurden als Teil im Ganzen der übrigen Minderheiten gesehen. Das Ziel war eine offene Gesellschaft für alle. Und dazu passte natürlich auch die dreiteilige Auswertung jener Umfrage bei Parteien und Kandidaten für die Wahlen in den Nationalrat, die in den Plädoyer-Ausgaben 2, 3 und 4/1972 erfolgte.
Für die Herausgabe dieser Publikation wurde der Verlag Plädoyer gegründet, den Druck besorgte Plüss, die SOH war nicht erwähnt. Plädoyer gab sich angriffig, war parteimässig neutral, aber in seiner Gesinnung eher "links".
Von heute her gesehen war es eine Art kleiner Vorläufer der 1981 gegründeten progressiven Wochenzeitung WoZ oder von Surprise, dem seit 1997 existierenden Strassenmagazin für Randständige und Arbeitslose. Plädoyer erschien im Format der Tageszeitungen auf ähnlichem Papier und umfasste anderthalb Blätter, also 6 Seiten.
Ernst Ostertag, Juni 2006