2001/2002
Ausstellung Geschichte
… wie es dazu kam
Als die HAZ-Verantwortlichen Anfang 2001 darüber nachzudenken begannen, wie der 30. Geburtstag zu feiern sei, kamen sie auf die naheliegende Idee, es könnte eine Ausstellung zur Geschichte der HAZ veranstaltet werden. Am Treffen im Begegnungszentrum Centro vom 30. März 2001 waren wir (Ernst Ostertag und Röbi Rapp) auch dabei und votierten, es sei nicht sinnvoll, nach der KREIS-Ausstellung vom Vorjahr schon wieder eine bestimmte Gruppierung auf ähnliche Weise zu präsentieren. Man sollte, wenn schon, sich besser auf eine Gesamtschau zur Schwulengeschichte der Schweiz konzentrieren. Wir dachten dabei an die Berliner Ausstellung "100 Jahre Schwulenbewegung" von 1997, an der wir uns mit Leihgaben beteiligt hatten und ohne die das Projekt DER KREIS im Schwulen Museum zwei Jahre später und dann im Landesmuseum gar nicht zustande gekommen wäre. Wir wollten die Geschichte der Homosexuellen in der Schweiz aber als Ganzes, also gemeinsam mit Lesben und ihrer Geschichte, zur Darstellung bringen. Die HAZ-Verantwortlichen traten auf diesen Vorschlag ein und schon im April bildete sich eine Arbeitsgruppe "Ausstellung".
Dank Initiative ihres Präsidenten, Peter Steiner, übernahm die HAZ das volle finanzielle Risiko unter der Bedingung, dass Christian Fuster als Administrator des ganzen Projekts die Einhaltung des vorgesehenen Budgets garantiere. Wir beide waren nun für die Aufarbeitung und Gliederung des gesamten schwulengeschichtlichen Inhalts zuständig und konzentrierten uns auf diese grosse Arbeit. In Fredel Reichen fand sich der Grafiker, dem Gestaltung und bildliche Umsetzung sicher gelingen würde.
Dank Verbindungen, die vor und während der EuroGames entstanden waren, gab das Präsidialdepartement der Stadt Zürich grünes Licht für jenen Ausstellungsort, den wir von Anfang an favorisiert hatten, das Stadthaus. Alles gelang termingerecht.
Nur die Frauen fehlten. Unsere Bemühungen verliefen immer wieder ergebnislos und blieben ohne jedes Echo. Doch am 11. November 2001, wir standen kurz vor dem Entscheid, alles abzubrechen, weil wir eine Ausstellung ohne Frauengeschichte nicht machen wollten, begegneten wir Irene Reichmuth im HAZ-Centro. Gemeinsam hatten wir dort als Gruppe "Andersheim"1 den Sonntagsbrunch zu organisieren. Wir schilderten unsere Sorgen und sie versprach, sich der Sache anzunehmen.
Am 19. Dezember trafen sich erstmals einige Frauen bei uns zu Hause: Nebst Irene waren das die Historikerin Regula Schnurrenberger und die Germanistin Madeleine Marti. Später stiessen noch die Ausstellungsmacherin Sabine Brönnimann und u.a. die Historikerin Natalie Raeber dazu. Die Frauen verstanden es, ein grösseres Team zusammen zu kriegen und die Arbeit sinnvoll aufzuteilen. Denn ihre Geschichte lag nicht so offen bereit wie jene der Männer, sie musste mühsam aufgestöbert und vor allem gründlich erforscht werden. Das lag an der doppelten Diskriminierung dieser Menschen: einesteils als Frau und zusätzlich als Lesbe. Das ständige Übersehenwerden war das einzig Unübersehbare.
Bereits am 4. Januar 2002 (Sitzung im HAZ-Centro) war das Frauenteam voll integriert, sodass bei der ersten Präsentation vor den Verantwortlichen des Präsidialdepartements im Stadthaus über "Inhalt, Gestaltung, Exponate und Leihgeber" klare Vorstellungen vermittelt werden konnten. Das war am 15. Januar.
Es blieb die Frage der Finanzierung, zu der Christian Fuster am 31. Januar seinen Plan erklärte. Am 6. Februar trafen wir uns mit Max Wiener und legten ihm das ganze Projekt vor, worauf er etliche seiner Freunde, darunter mehrheitlich Mitglieder des Vereins Network, für den 13. April zu einem Info- und Spenden-Apéro bei sich einlud. Dort präsentierte das Männerteam Inhalt und Gestaltung der Ausstellung und beantwortete die gestellten Fragen. Nach gut zwei Stunden war uns die Hälfte des von der Stadt geforderten Betrages zugesprochen, und nach weiteren Sponsorenbeiträgen bis Ende Mai lag soviel beisammen, dass die Stadt ihren Anteil auslösen konnte. Jetzt war das Projekt gesichert.
Ernst Ostertag, Oktober 2008
Anmerkungen
- 1
Ein von 2000 bis 2003 bestehender Verein zur Schaffung von lesbisch-schwulen Wohnformen im Alter, später unter dem Namen "Gay and grey" eine Arbeitsgruppe der HAZ (Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich)