2002
Einzelstimmen
… und Stellungnahmen
Im Vorfeld der kantonal zürcherischen Volksabstimmung über das Partnerschaftsgesetz vom 22. September 2002 traten viele Menschen in die Öffentlichkeit. Viele von ihnen taten das zum ersten Mal. Das war mutig, aber das Wissen um die Wichtigkeit der Sache überwog ihre Bedenken. Sie äusserten sich entsprechend klar und überlegt, egal, ob sie für oder gegen das neue Gesetz eintraten.
Es seien hier allerdings zur Hauptsache bejahende Stimmen zitiert, denn sie machen die Qualität der Auseinandersetzung besonders sichtbar:
"Heterosexuelle sind nicht normal - nur häufiger."
Thomas Iff, Mr. Gay 2001/02
"Schwul sein ist keine Leistung und kein Verdienst, aber eine Chance."
Peider Filli, AL
"Gott nennt Homosexualität einen Gräuel."
Stefan Dollenmeier, EDU
"Homosexuelle verlangen keine Toleranz, sondern die ihnen zustehenden Rechte"
Demo-Transparent
Bundesrätin Ruth Dreifuss (GE, SP, Departement des Inneren) an der Lesbian and Gay Pride, Fribourg, 3. Juli 1999:
"Integration heisst, darum zu kämpfen, dass die Rechte aller Minderheiten garantiert sind. Damit das Recht, anders zu sein auch zum Recht auf Respekt und Solidarität wird. Damit Lesben und Schwule als solche ihren Platz in der Gesellschaft finden."
Rosemarie Knüsel, Pfarrerin, evang. ref. Landeskirche Zürich:
"In der Seelsorge wird gerade dann viel Unheil angerichtet, wenn ein Mensch so 'funktionieren' soll, wie ich ihn gerne haben möchte. Vor allem fällt mir immer wieder auf, dass Seelsorger und Seelsorgerinnen, die ansonsten vom 'Annehmen einer Krankheit' sprechen können, bei der vermeintlichen 'Krankheit Homosexualität' seltsamerweise unbedingt und in jedem Fall 'heilen' wollen. Da liegt die Vermutung eben sehr nahe, dass jene Seelsorger und Seelsorgerinnen, die diese 'Krankheit' heilen wollen, mehr mit ihr zu tun haben, als ihnen bewusst ist."
In seiner Ausgabe vom 5. April 2002 liess der Zürcher Tages-Anzeiger Leserbriefe veröffentlichen,1 deren Verfasserinnen und Verfasser sich mit der Propaganda gegen das Partnerschaftsgesetz auseinandersetzten. Das Schreiben von Leserbriefen war Teil der lesbisch-schwulen Kampagne. Aus den Leserbriefen unter dem Titel "Staatlicher Schutz für Beziehungen":
"Der Schriftzug auf dem Transparent des Komitees gegen die Registrierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften löste bei mir einiges Unverständnis aus: 'Keine staatliche Förderung der Homosexualität!' [...] Als ob der Staat Homosexualität fördern würde/könnte. Als ob man sich seine Sexualität aussuchen könnte. EVP (Evangelische Volkspartei)-Gemeinderat Ernst Danner sagt im Artikel, er sei 'gegen jede Diskriminierung von Homosexuellen'. Weshalb er trotzdem gegen Rechte für gleichgeschlechtliche Paare ist, bleibt mir ein Rätsel."
Andreas Bolli, Thal (SG)
"An Ostern feierten wir mit unseren Müttern (85- und 87-jährig), unseren Söhnen mit Schwiegertöchtern und der Enkelin ein wunderschönes Familienfest und alle waren glücklich und zufrieden. Also, wo ist da die zerstörte Familie infolge Homosexualität? Wir leben seit 18 Jahren zusammen und betreuen gemeinsam Lisis Mutter. [...]"
Lisi Opitz und Manon Gerber, Obfelden (ZH)
"Die Behauptung verschiedener freikirchlicher Vereinigungen und Politiker aus religiösen Kleinparteien, Homosexualität sei nicht normal und heilbar, trifft mich immer wieder sehr persönlich. Ich bin eine 37-jährige lesbische Frau und lebe ein ganz normales, ruhiges Leben in einer festen und liebevollen Beziehung. Ich fühle mich in keiner Weise krank, sondern würde mich selber als einen glücklichen, lebensfrohen Menschen bezeichnen.
Der Wunsch, meiner Beziehung auch einen gewissen staatlichen Schutz zukommen zu lassen und meine Lebenspartnerin als meine erste Ansprechperson zu deklarieren, ist ein Grundbedürfnis und keine staatliche Förderung der Homosexualität. Wenn ich im Spital nichts mehr zu Therapien oder Behandlungen aussagen kann, soll sie diese Aufgabe übernehmen können, und die Ärzte müssen ihr vollumfänglich Auskunft geben. Ich sehe nicht, was daran falsch sein soll.
Dass meine Partnerschaft mit einer Frau nicht anerkannt wird und ich weiterhin für die Behörden als alleinstehend und ledig gelte, ist verletzend und diskriminierend. Mit dem neuen kantonalen Partnerschaftsgesetz wird weder jemandem etwas weggenommen, noch kommt irgendjemand zu Schaden, [...]."
Gioia Hofmann, Zürich
Ernst Ostertag, Oktober 2008
Quellenverweise
- 1
Tages-Anzeiger, 5. April 2002, Seite 29