1998
SVP-Referendum
… und die Abstimmung
Das ganze Projekt Herrmann, also die Hilfe zur Aids-Prävention, wollte die SVP der Stadt Zürich torpedieren, indem sie den finanziellen Beitrag von 30'000 Franken per Referendum bekämpfte. François Baur schrieb dazu in den Network News vom September 1998:
"Für die SVP der Stadt Zürich ist dies [...] 'Verhätschelung einer Randgruppe', welche sich darüber hinaus noch meist illegal in der Schweiz aufhält und möglichst rasch ausgeschafft werden sollte. [...]
Abgesehen davon, dass die polemische Argumentation der SVP voll am Ziel vorbeischiesst - niemand kommt wegen einer Dusche in einem Zivilschutzbunker in die Schweiz, sondern weil er auf dem Strich in Genf, Bern, Basel oder Zürich gutes Geld verdient - blenden die Gegner [...] einen wichtigen Aspekt einfach aus: Die Stricher sind hier, weil sie hier Kunden haben. [...]
Ein Grossteil dieser Kundschaft sind Männer, welche sich ihrer sexuellen Orientierung nicht sicher sind und oft ein bürgerliches Leben in einer heterosexuellen Beziehung führen. Hin und wieder befriedigen sie jedoch ihr sexuelles Bedürfnis nach Männern dort, wo Anonymität oberstes Gebot ist: auf dem Strich. Folgerichtig verhalten sich diese Kunden nach dem Motto: niemand hat's gesehen, dann ist's auch nie geschehen. Und da es nie geschehen ist, muss man sich auch nicht schützen. [...]
Diese lokale Abstimmung hat [...] Signalwirkung für die ganze Schweiz:
[...] Wenn die grösste Schweizer Stadt anfängt, sich aus solchen Projekten zurückzuziehen, wäre dies ein fatales Signal für andere Gemeinden und Kantone.
Die SVP will mit dieser Abstimmung einen Grundsatzentscheid 'gegen Verhätschelung von Randgruppen' herbeiführen. Darunter versteht sie auch ausdrücklich Lesben und Schwule. [...] Wenn sie diese Abstimmung gewinnt, sind durch die öffentliche Hand mitfinanzierte lesbische und schwule Projekte das nächste Ziel. [...]
Ausserdem führt die Verhinderungspolitik der SVP, welche mit ungeheurem finanziellen Aufwand Finanzvorlagen von geringer Bedeutung bekämpft, die zudem mit grossem Mehr von einem gewählten Parlament genehmigt worden sind, zu einer Pervertierung der direkten Demokratie.
[...] Zur raschen Unterstützung hat sich der Network-Vorstand entschlossen, als Vorschuss aus dem Fonds Max 10'000 Franken an das Komitee Herrmann [...] zu überweisen, [...] in welchem sich Vertreter aller befürwortenden Parteien und viele Unabhängige unter dem Patronat von Prof. Dr. Felix Gutzwiller (FDP) zusammengeschlossen haben. (Heute ist Felix Gutzwiller Vertreter des Kantons Zürich im Ständerat.)
Der Betrag von Network soll durch Spenden von Mitgliedern an den Fonds Max wieder geäufnet werden. [...] Es liegt an Euch, diese Verantwortung wahrzunehmen - einen Einzahlungsschein findest Du diesen Network News beigelegt. [...]"
Die Abstimmung vom 28./29. November 1998 brachte das Ergebnis von 48'520 Ja-Stimmen gegen 39'977 Nein.
Ernst Ostertag, Juni 2008 und November 2011