Wird es das Ende sein?

Wie war es für Homoeroten im Aktivdienst, plötzlich aus dem beruflichen und privaten Umfeld genommen und ins harte Zusammenleben mit Heteros gepresst, allein und unverstanden von jenen, die ihre Frauen und Kinder vermissten und davon endlos sprechen konnten am Abend, auf der Wache oder wenn mal Pause war irgendwo an einem Wegrand? Dazu die allgemeine Sorge und Unsicherheit. Wie rasch war Polen gefallen und von zwei Seiten her besetzt! Und da ein Blättchen wie das Menschenrecht. Wohin damit, wenn es doch kaum eine Ecke für Privates gab? Kein Wunder, dass viele an eine Fortsetzung des Abonnements nicht denken mochten und vorerst zuwarteten. Nur auf das Nötigste musste man sich beschränken.

Das war auch der Redaktion klar. Karl Meier / Rolf schrieb "Wichtig für unsere Abonnenten" und erklärte1:

"Wir werden alles versuchen, um wenigstens noch eine hübsche Weihnachtsnummer herausgeben zu können. Ob das Menschenrecht dagegen im neuen Jahr weiter erscheinen kann, hängt nur von unseren Abonnenten ab. Wir ersuchen aus diesem Grunde, Abonnements-Beträge für das Jahr 1940 vorläufig noch nicht einzuzahlen. Dagegen ist es ungemein wichtig für uns, von jedem zu erfahren, ob er die Zeitschrift weiter will oder nicht. Wir bitten Sie, uns kurz schriftlich - nicht telephonisch - Ihre Zusage mitzuteilen. Gehen genügend Abonnementsverpflichtungen ein, werden wir das Menschenrecht weiterführen."

Das Schlusswort in 12/1939 konnte Mammina halten - und es war ein unverhofft erfreuliches mit der Überschrift: "Das 'Menschenrecht' im Jahre 1940". Dank "einer hochherzigen Spende" von 300 Franken, gestiftet von einer unbekannten Person aus Zürich, konnten alle Schulden beglichen werden. Und damit wagte man die Fortsetzung. Sie schrieb weiter:

"Im März 1940 werden es sieben Jahre sein, dass unsere Zeitung unter dem Namen Schweiz. Freundschafts-Banner [...] unter meiner Redaktion und finanziellen Verantwortung gedruckt und herausgegeben wurde unter grossen Opfern und oft beispielloser Verkennung und Anfeindung, selbst aus den eigenen Reihen. [...] Den literarischen Inhalt musste ich im Anfang fast allein bestreiten. [...] Dann fanden sich Rolf und [jetzt] C.W. [Eugen Laubacher / Charles Welti] für den Hauptteil dazu. Ab Neujahr wird Rolf ganz den Textteil für die männlichen Artkollegen als Redaktor übernehmen. Ich werde hauptsächlich den Frauenteil und die Inserate [weiterführen] und gelegentlich durch den Briefkasten mit der gesamten Leser-Familie Kontakt halten. [...] Dieser Nummer liegt für jeden Abonnenten ein schönes Bild bei, das Rolf aus seiner Sammlung stiftete. [Und] sehr wichtig: eine Abonnements-Karte pro 1940. [...] Die Januar-Nummer wird nur denen zugestellt, die bis zum 31. Dezember uns diese Karte ausgefüllt zugeschickt haben. [...] "

Anschliessend orientierte Anna Vock / Mammina erstmals wieder über ein gemeinsames Treffen am 30. Dezember und brauchte dafür den neuen Namen "Abonnenten-Abend"2:

"Der Abend wird sowohl der Geselligkeit wie auch einer allgemeinen Aussprache gelten. Zutritt haben nur Abonnenten und ihre Freunde bzw. Freundinnen. Alles Nähere wird noch durch Zirkular speziell mitgeteilt werden."

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Ernst Ostertag, August 2004

Quellenverweise
1

Menschenrecht, Nr. 11/1939

2

Menschenrecht, Nr. 12/1939