1967

Letzte Versuche

Im Februar wurde

"ein Versuch zur Bildung eines inneren, kulturell eingestellten Kreises mit geistigen (nicht erotischen) Interessen"

publiziert.1 Man wollte dazu alle zwei Wochen im Conti-Club einen zusätzlichen Abend reservieren. Interessierte sollten sich melden.

Die Redaktion kommentierte einen Monat später:2 "Das Gesamtergebnis dieser Annonce waren 10 Briefe". Der Versuch war gescheitert.

Im April umriss Karl Meier / Rolf unter dem Titel "Heiterkeit wird einem sicher das Rückgrat nicht krümmen" noch einmal die gegenwärtige Lage und verband sie mit weiterhin notwendigen Aufgaben und Zielen:3

"[...] Die Grundlage der übernationalen Kameradschaft konnte mit der Dreisprachigkeit der Zeitschrift geschaffen werden. Aber - seien wir ehrlich - diese Grundlage ist leider immer noch viel zu klein. [...]

Eine Erweiterung der finanziellen Grundlage hoffen wir mit dem Conti-Club in Zürich zu schaffen. [...] Wir haben am Anfang dieses Jahres an alle Abonnenten in der Schweiz und in Deutschland Werbehefte geschickt mit der Bitte um Weitergabe an Interessierte - der Erfolg fällt leider kaum in die Waagschale. [...]

Um die Weihnachtszeit des vergangenen Jahres haben sich allein in Zürich drei Homophile das Leben genommen [...] Wie mag es in anderen Städten [...] aussehen? Sagen uns solche Tragödien nicht immer wieder, dass die 'dargebotene Hand' eben nicht erreicht wird? Müssen wir alle [...] nicht immer und immer wieder versuchen, die Brücke zu schlagen, auf der ein Mensch stehen und gehen kann [...]? Ist es nicht einfach die Aufgabe, die nicht nur an die Leitung der Zeitschrift, sondern an jeden einzelnen von uns immer wieder gestellt wird? [...]

Es bleibt noch ein Stück weiterhin meine Aufgabe - und es wäre ermutigend, wenn sich noch eine ansehnliche Schar Unentwegter zu ihr entschliessen könnte!"

Die Zerrissenheit zwischen nötigen Neuerungen und ergebnislosem Werben um neue Kräfte bei gleichzeitigem Festhalten am Bewährten, das sich eben nicht mehr bewährte, die mangelnde Kraft zu grundlegenden Ideen, Resignation: das alles prägte die Situation der zehn Monate bis zur Jahresversammlung vom Oktober. Es war keine starke junge Nachfolgepersönlichkeit in Sicht. Niemand hatte sie herangezogen.

So blieb die starke Liquidationspersönlichkeit Eugen Laubacher / Charles Welti, die nun zum Schnitt ansetzte und durch das Ende führte. Er wusste, dass diese Aufgabe weder leicht sein noch Anerkennung bringen würde. Jedoch, es blieb eine alte Erfahrung: Nur aus einem klaren Schnitt spriesst - vielleicht - ein Neues.

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Ernst Ostertag, Januar 2006

Quellenverweise
1

Der Kreis, Nr. 2/1967, Kleines Blatt

2

Der Kreis, Nr. 3/1967, Umschlag

3

Der Kreis, Nr. 4/1967, Seite 10