1964/1966
Fazit
... noch ein langer Weg zum gleichen Recht
Im Kreis äusserte sich Karl Meier / Rolf Ende 1964:1
"Es wird in Zürich Tausende von Homosexuellen geben - leider sind die allerwenigsten davon im KREIS -, die sich ihrer Stellung und ihres Namens wegen auf keinen Fall zu erkennen geben möchten, denn die Tatsache, dass einer homosexuell ist, gibt den Räten bereits das Recht, eine Einbürgerung - und sei er auch ein unbescholtener Schweizer - strikte abzulehnen. Das wird sich erst ändern, wenn die Allgemeinheit und die Behörden dem ehrlichen und unbescholtenen Homosexuellen das gleiche Recht zugestehen wie jedem anderen Bürger. Doch bis dahin ... ist noch ein weiter Weg!"
Die Ablehnung von Einbürgerungsgesuchen wenn die Kommission wusste, der Gesuchsteller ist homosexuell, war bis weit in die 80-Jahre gängig, auch wenn ein beispielsweise jahrelang in Zürich wohnender Bürger einer Thurgauer Gemeinde das Bürgerrecht der Stadt Zürich erwerben wollte.
Der jahrelange Druck und die tief sitzende allgemeine Verunsicherung äusserten sich selbst in Bezug auf die Integrität des KREIS, indem gewisse Kameraden auch dieser letzten noch bestehenden sicheren Insel mit Misstrauen begegneten. Im März 1966 veröffentlichte die Leitung daher "Ein wesentliches Dokument":2
"Wie in früheren Jahren, so grassiert auch heute bei Interessenten für unsere Zeitschrift das Märchen von der bei der Sittenpolizei liegenden Liste der Abonnenten. Wir glauben, dass die folgenden Ausführungen genügen werden, um diese haltlosen Behauptungen ein für allemal zu widerlegen."
Damit war ein Brief gemeint, den der Kriminalkommissär bei der Sittenpolizei Zürich, Dr. Hans Witschi, an die "Leitung der Monatsschrift Der Kreis" am 16. März 1966 geschrieben hatte:
"Sehr geehrter Herr
Unter Bezugnahme auf Ihre Zuschrift vom 1. d.M. bestätige ich Ihnen wunschgemäss gerne, dass die Stadtpolizei Zürich sich bis zum heutigen Tag nie veranlasst sah, in das Mitgliederverzeichnis des Zürcher Lesezirkels Der Kreis Einsicht zu nehmen. Da die Leitung dieser Vereinigung sich nach unseren Feststellungen mit Erfolg darum bemüht, bei der Aufnahme neuer Mitglieder und von Gästen das gesetzliche Schutzalter von 20 Jahren zu berücksichtigen, von ihren Veranstaltungen männliche Prostituierte fernzuhalten und von jeglicher öffentlichen Propaganda abzusehen, wird ohne Not auch in Zukunft vom KREIS die Herausgabe seiner Mitgliederliste nicht verlangt werden. Anderslautende Gerüchte sind völlig falsch.[...]
Ich grüsse Sie freundlich und mit vorzüglicher Hochachtung [...]"
Ende 1967 hörte DER KREIS auf zu existieren. Das war das letzte Fazit der Repression mit Razzien, mit Verleumdungen des KREIS in einer gewissen Presse, mit der Hetze durch Politiker wie Schmid-Ruedin, Marcel Beck und eines Bezirksanwalts Robert Frick.
Ernst Ostertag, November 2005
Weiterführende Links intern
Quellenverweise
- 1
Der Kreis, Nr. 10/1964, Seite 7
- 2
Der Kreis, Nr. 4/1966, Seite 22