1991/1992

Zur Lage

Weiter kämpfen!

Zwischen dem Nationalen Schwulen-Befreiungstag von 1979 und dem Meldekartenkampf mit den Spitzen der Berner Kantonspolizei und dem Datenschützer vergingen elf ausserordentlich schwere, traurige Jahre. Denn in dieser Zeit brach die AIDS-Katastrophe in voller Härte über die Schwulen herein. Kaum einer im Land, der nicht nahe und nächste Freunde verloren hatte und Zeuge ihres langsamen, hoffnungslosen Dahinsiechens geworden war.

Das prägte. Und das machte doppelt unfassbar, dass staatliche Organe in zynischer Weise weiter fichierten und sich dann am Ende vor der Einsicht in ihr Tun und vor der Aufarbeitung durch Fachleute drückten, ja nicht einmal die Grösse oder den simplen Anstand hatten für eine Entschuldigung. Offenbar galten schwule Mitbürger - noch immer - als quantité négligeable.

In derselben Zeit wurde aber nicht nur der Kampf gegen Aids und die gefährlichen Reaktionen auf diese "Schwulenseuche" geführt, sondern auch der ebenso intensive Kampf um die Revision des StGB, also um gleiches Schutzalter für alle und Abschaffung der Kriminalisierung homosexueller Akte im Militär.

1989 entschieden die Kommission und ein Jahr später der Nationalrat in unserem Sinne. Doch prompt reichten 1991 die konservative EDU (Eidgenössische Demokratische Union) und die fromme "Aktion Recht auf Leben" das Referendum dagegen ein, was eine Volksabstimmung bedeutete. Ein neuer Kampf stand also unmittelbar bevor. Man musste die spürbar dünner gewordenen Reihen und die letzten Reserven mobilisieren - und die Trauer im Herzen ruhen lassen.

Der Kampf wurde gewonnen, das Gesetz vom Volk am 17. Mai 1992 mit 73,1 % angenommen. Ein grosser, verdienter Sieg. Und ein Zeichen für neuen Aufbruch mit neuen Aktionen.

Ernst Ostertag, Juni 2007

Weiterführende Links intern

Revision StGB