hey 1983

Letzter Jahrgang

In der Zeitschrift gab es weiterhin umfangreiche Hinweise auf Bücher.

Zum 70. Geburtstag von Rolf Italiaander erschien eine Würdigung1 und später kam er selber zu Wort, indem er die Erlaubnis erteilte zum Druck seines Radio-Berichts anlässlich des "Kongresses für sexuelle Gleichberechtigung" in Amsterdam.2

Jürg Amstein verfasste einen Nachruf "Zum Tod von Tennessee Williams"3 und im Lauf des Jahres liess er (immer als Jürg Ambach) noch vier seiner Portraits von berühmten Homosexuellen erscheinen: Karl Heinrich Ulrichs4, Goethe und sein Diener Philipp5, Casanova6 und (in zwei Teilen) Peter Tschaikowski7.

Zusammen mit Tom Men's Shop (bis Heft 10) blieb "partner-travel" von Bob W. Fischer bis zur letzten Ausgabe treuester Inserent und führte seine Werbung auch im SOH-Info weiter.

Schon im September-Heft schrieb Jürg Wehrli zur Zukunft von hey:8

"In den nächsten Monaten entscheidet der Zuzug neuer Mitarbeiter das Weiterbestehen der einzigen schweizerischen Homo-Publikation, die nicht privates Gewinnstreben zum Ziel hat. [...] Wir benötigen dringend neue Kräfte für die Redaktion, welche die Einsatzfreudigkeit und Gewissenhaftigkeit der bisherigen Mitarbeiter aufweisen."

Carl Diethelm hatte per Ende 1983 seinen Rücktritt angekündigt.

Die Weihnachtsnummer 1983 sollte definitiv das letzte Heft sein. An der VS vom 22. Oktober hatte der Vorstand beschlossen, "das hey wegen Personalmangel auf Ende Jahr einzustellen". Dazu der Vorstand in der letzten Nummer unter dem Titel "Ein Ende und ein Anfang":9

"[...] Schon vor einem Jahr, als unser Layouter plötzlich eigene Wege ging [...], fragten wir uns, ob es Sinn und Zweck der SOH sei, ihre Mittel und Kräfte auf die Herausgabe einer Zeitschrift zu konzentrieren. [...]

Mit dem Rücktritt unseres allseits geschätzten Redaktors auf Ende Jahr und der Unmöglichkeit, einen Ersatz zu finden, ist heute der Zeitpunkt da, um unsere Tätigkeit zu überdenken und eine neue, der Zeit angepasste Struktur zu finden. Wir werden deshalb [...] sechsmal jährlich mit unserem neuen SOH-Info über die Aktivitäten [...] und Ereignisse [...] informieren. Ebenso werden wir weiterhin die Kontaktanzeigen veröffentlichen, die für unsere Mitglieder unentgeltlich sind. [...]

Dank dem einfacheren Publikationsorgan können wir den Mitgliederbetrag erheblich reduzieren: ab 1984 beträgt er Fr. 40.- pro Jahr und für (ausgewiesene) Junge bis 25: Fr. 20.- [...]"

Unter einer Zeichnung von Rico aus dem Weihnachtsheft des Kreis 1961 schrieb René Winzeler14 den Titel seiner Betrachtung "Nüchtern, Ein Wort zu Weihnachten" und fuhr dann fort:10

"[...] Es wirft ein Licht auf eine Gemeinschaft, die das hey nicht mehr in dem Umfang braucht, wie es einst das hey gebraucht hat, um zu überleben. Mit dem hey verliert die homosexuelle Gemeinschaft ein Stück Gemeinsamkeit, ein Stück Zusammenhalt, ein kleines Stück Identität. Ist es vielleicht weniger die Zeitschrift, die zu Ende geht, als die Gemeinsamkeit selbst?

Zu Grabe getragen wird dieses Jahr noch ein weiteres. Diese Weihnachten sehen die Homosexuellenbewegung in ihrer schlimmsten Krise seit ihrem Aufblühen vor anderthalb Jahrzehnten. Eine Krankheit ist dabei, vieles vom Erreichten und Erkämpften zu gefährden und zu zerstören. Die freie Sexualität und mit ihr das ganze Selbstverständnis einer Bewegung sind aufs tiefste in Frage gestellt. Selbstbewusstsein weicht der Defensive. [...]

Doch schon längst sind es nicht mehr nur einzelne, die darin auch eine Chance sehen, einige Entwicklungen der Vergangenheit zu überdenken, neue Formen der Beziehungen zu prüfen und zu verwirklichen."

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Ernst Ostertag, April 2007

Weiterführende Links intern

Rolf Italiaander

Thomas Wetzel / Tom

Quellenverweise
1

hey, Nr. 2/1983, Seiten 20/21

2

hey, Nr. 9/1983, Seiten 8/9

3

hey, Nr. 4/1983, Seite 21

4

hey, Nr. 2/1983, Seite 7

5

hey, Nr. 4/1983, Seite 19

6

hey, Nr. 6, Seite 12

7

hey, Nr. 11, Seite 14 und hey, Nr. 12, Seite 13

8

hey, Nr. 9, Seite 5

9

hey, Nr. 12/1983, Seite 5

10

hey, Nr. 12/1983, Seiten 6/7

Anmerkungen
14

später war René Winzeler Leiter der Kommission für Öffentlichkeitsarbeit des Vereins NETWORK